Das Aufkommen von Drittmitteln an Hochschulen hat sich von 1995 bis 2014 mehr als verdreieinhalbfacht, die Grundmittel wuchsen im selben Zeitraum lediglich um gut 53 Prozent – also etwa 2,7 Prozent jährlich und damit gerade einmal etwas mehr als ein Prozent über der Inflationsrate (Stat. Bundesamt 2017), allerdings deutlich unter dem im gleichen Zeitraum stattgefundenen Zuwachs an Studierenden. Das Verhältnis von Grundmitteln, die eine eigenmotivierte Forschung ermöglichen, zu wettbewerblichen Drittmitteln hat sich dramatisch verschoben. Drittmittel machten 2014 27,5 Prozent der Hochschulbudgets aus.
Über 70 Prozent der Drittmittel kamen 2014 aus öffentlicher Hand: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist der größte Mittelgeber für die Hochschulforschung (2,38 Milliarden Euro), gefolgt vom Bund (1,86 Milliarden Euro) sowie der gewerblichen Wirtschaft (1,44 Milliarden Euro). Von Bedeutung für die Hochschulfinanzierung ist ebenfalls die direkte Forschungsförderung der Europäischen Union (664 Millionen Euro) sowie von Stiftungen (472 Millionen Euro). Auch die Zuschüsse aus der Exzellenzinitiative sind als Drittmittel zu werten und werden über die DFG ausgeschüttet. Über Drittmittel wird fast ausschließlich Forschung finanziert.
Für die Hochschulentwicklung bedeuten steigende Drittmittelanteile große Probleme: Es ist den Akteuren in den Hochschulen kaum vorzuwerfen, dass sie angesichts der sinkenden Grundfinanzierung neue Quellen erschließen. Dies hat jedoch weitreichende Konsequenzen für die Freiheit von Wissenschaft und Forschung. Die private Wirtschaft nimmt über Stiftungslehrstühle, Sponsoring und Forschungsprojekte Einfluss auf die Inhalte von Forschungstätigkeit. Aber auch öffentliche Drittmittel, vergeben durch Fachgutachter*Innen, Kommissionen und Ministerien, haben strukturverändernde Wirkung. Öffentliche Drittmittelgeber rücken bestimmte Fragestellungen des wissenschaftlichen Mainstreams - vorrangig in Natur- und Technikwissenschaften - in den Mittelpunkt, während innovative Forschungsfelder vor allem in den Sozial- und Kulturwissenschaften unterfinanziert bleiben. Zudem hat die Prekarität der Drittmittelfinanzierung mit kurzen Förderzeiträumen auch Auswirkungen auf die Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Personals. Besonders im Mittelbau und bei Nachwuchswissenschaftler*Innen geht der Trend zu immer kürzeren Verträgen und immer häufigeren Befristungen. Die Bundesregierung hat im Jahr 2007 diesen Trend mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) noch unterstützt und die unbefristete Befristung für Arbeitsverträge auf Drittmittelbasis legalisiert. Daran hat auch die Novelle, die im Jahr 2014 vom Bundestag beschlossen wurde, nichts verändert.
Aus linker Sicht ist das Verhältnis zwischen Dritt- und Grundmitteln aus der Balance geraten. Die eigentliche Aufgabe der Universitäten, freie Wissenschaft, rückt dadurch immer weiter in den Hintergrund. Die Fraktion DIE LINKE setzt sich daher für eine ausfinanzierte Grundlagenforschung an Hochschulen ein, die durch Bund und Länder gemeinsam geleistet werden sollte. Zudem wollen wir die Gemeinkostenpauschalen bei einer Förderung durch die DFG oder Bundesministerien sofort auf 40 und mittelfristig auf 60 Prozent erhöhen, um einen Auszehrungseffekt durch Drittmittel zu vermeiden. Drittmittel sind nicht per se ein Ausweis besonders hoher Qualität in der Forschung und sollten daher kein Kriterium für die Verteilung der Grundfinanzierung etwa im Rahmen sogenannter leistungsbezogener Finanzierungssysteme sein.