„Die Ankündigung Netanjahus, den Gazastreifen nun vollständig besetzen zu wollen, ist ein weiterer Beweis dafür, dass es schon längst nicht mehr um die Befreiung der Geiseln geht, sondern um Annexion und Vertreibung. Wer das fortgesetzte Sterbenlassen in Gaza beenden will, darf sich nicht auf symbolische Appelle beschränken. Eine Regierung, die seit 22 Monaten das humanitäre Völkerrecht bricht, lässt sich nicht durch wohlformulierte Mahnungen stoppen. Es braucht politischen Druck, auch gegenüber Verbündeten. Morgen kann die Bundesregierung zeigen, dass sie es ernst meint, und endlich erste Konsequenzen ziehen: Sanktionen gegen gewalttätige israelische Siedler stehen zur Entscheidung – das kann nur eine absolute Minimalforderung sein und doch steht zu befürchten, dass es nicht einmal diese geben wird. Das wäre eine weitere fatale Bankrotterklärung deutscher Außenpolitik“, erklärt Lea Reisner, Sprecherin für internationale Beziehungen der Fraktion Die Linke, mit Blick auf die morgige Kabinettssitzung. Reisner weiter:
"Was im Gazastreifen geschieht, ist kein tragisches Versagen oder unbeabsichtigter Kollateralschaden: Die israelische Regierung setzt Hunger als Waffe ein und entzieht der Zivilbevölkerung systematisch die Lebensgrundlage. Dabei trifft die humanitäre Katastrophe nicht nur die palästinensische Zivilbevölkerung. Auch die Geiseln, die seit dem 7. Oktober 2023 in der Gewalt der Hamas sind, leiden unter der anhaltenden Blockade lebenswichtiger Hilfsgüter und humanitärer Hilfe. Ihre Angehörigen fordern seit Monaten ein Ende des Krieges, einen Waffenstillstand und einen Geiseldeal. Die Hamas ist eine Terrororganisation, verantwortlich für Geiselnahmen und brutale Angriffe auf Israel, doch das entbindet Israel nicht von seiner völkerrechtlichen Pflicht, das Überleben der Zivilbevölkerung zu sichern. Wer Versorgung verhindert und Infrastruktur zerstört, verletzt bewusst das humanitäre Völkerrecht und macht sich schwerer Verbrechen schuldig.
Die Bundesregierung muss sich daran messen lassen, ob sie Verantwortung wahrnimmt oder das Aushungern von Millionen weiter duldet. Wer angesichts offenkundiger Kriegsverbrechen schweigt, macht sich mitschuldig.
Was es braucht, sind sichere und dauerhaft geöffnete Landwege für Hilfslieferungen, ein sofortiger Waffenstillstand sowie der entschlossene politische Wille, das Völkerrecht durchzusetzen. Sämtliche Rüstungsexporte an Israel müssen umgehend gestoppt werden. Zudem braucht es die Aussetzung des EU-Israel-Assoziierungsabkommens, wie es Artikel 2 des Vertrags selbst vorsieht, wenn fundamentale Menschenrechte und demokratische Prinzipien verletzt werden.“