„Es ist ein einmaliger Vorgang, dass der gesetzliche Notfallmechanismus den Gesundheitsfonds per Bundesdarlehen vor der Zahlungsunfähigkeit retten muss. Das sollte das letzte Zeichen dafür sein, dass die Regierung bei den Finanzen der Krankenkassen sofort handeln muss“, erklärt Ates Gürpinar, Gesundheitsexperte und Mitglied der Fraktion Die Linke im Bundestag, zur Stützung des Gesundheitsfonds mit 800 Millionen Euro. Gürpinar weiter:
„Der Koalitionsvertrag sieht bei den Kassenfinanzen vor, dass eine Kommission eingesetzt wird, die erst bis zum Frühjahr 2027 Vorschläge vorlegen soll. Wenn die Koalition sich tatsächlich an dieses ‚Deutschlandtempo‘ hält, dann werden noch viele Beitragssatzerhöhungen erfolgen oder noch schlimmer: Kassen und Gesundheitsfonds sind bis dahin pleite. Das betrifft auch die Pflegeversicherung, dort ist das Insolvenzrisiko sogar noch höher, da es diesen gesetzlichen Notfallmechanismus dort nicht gibt und die Pflegekassen ihren Beitragssatz nicht selbstständig erhöhen können.
Es rächt sich, dass die beiden Vorgängerminister von Union und SPD immer wieder in den Gesundheitsfonds gegriffen, sich aber nicht um eine seriöse Gegenfinanzierung gekümmert haben. Die neue Ministerin hat einen Notfall geerbt. Nun muss sie schnell beweisen, dass sie handlungsfähig ist: Sie muss sehr kurzfristig beim Finanzminister Steuergeld zur Stützung locker machen und noch dieses Jahr Finanzierungsreformen durchsetzen. Die Lösung liegt eigentlich auf der Hand: Die Beitragsbemessungsgrenze muss mindestens angehoben und auch auf Kapitaleinkünfte müssen Beiträge fällig werden. Denn nur die kleinen und mittleren Gehälter und Renten reichen als Finanzierungsbasis nicht aus, dann gehen die Beitragssätze durch die Decke. Die Union war aus ideologischen Gründen immer dagegen. Dass die Ministerin es schafft, diesen ideologischen Ballast abzuwerfen, bezweifle ich.“