„Das Wachstum ist maßgeblich von zusätzlichen Investitionen und Einmaleffekten, wie etwa höheren Tarifabschlüssen, getrieben. Die Vorauszahlungen zur derzeitigen Körperschaftsteuer werden in Zukunft durch die Steuersenkung zurückgehen. Somit ist ein Teil des Aufschwungs schlichtweg Bilanzkosmetik: Unternehmen zahlen jetzt etwas mehr, bevor sie bald weniger zahlen müssen. Kurz: Die Steuersenkungen für Unternehmen kommen den Bund teuer zu stehen,“ kommentiert Doris Achelwilm, steuerpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag, die heute von Finanzminister Lars Klingbeil bekanntgegebene Steuerschätzung. Nach dieser können Bund, Länder und Kommunen bis 2029 mit Mehreinnahmen von 33,6 Milliarden Euro gegenüber der Mai-Schätzung 2025 rechnen. Der Aufwuchs ist ausschließlich auf Seiten der Länder und Kommunen zu verbuchen, während die Einnahmen zugunsten des Bundes stagnieren. Achelwilm weiter:
„Angesichts der Haushaltslücken in Höhe von 172 Mrd. Euro für 2027 bis 2029 und des hohen Steueraufkommens durch Löhne stellt sich mit neuer Dringlichkeit die Frage, ob die Steuergeschenke an Vermögende sinnvoll und angemessen waren. Zumal der Effekt dieser Steuersenkungen auf neues Wachstum und Arbeitsplätze als bescheiden prognostiziert wird.
Aus der Steuerschätzung geht kein Anhaltspunkt hervor, wie sich die gravierenden Haushaltslöcher unter derzeitigen Maßgaben schließen lassen. Es braucht zusätzliche Einnahmehebel und verstärkte Instrumente gegen Steuerschlupflöcher. Der Aufwuchs im Bereich der Lohn- und Mehrwertsteuer zeigt, wo aus Gründen der Steuergerechtigkeit entlastet werden muss: Die Konsumsteuer belastet kleine Einkommen übermäßig. Die Einkommensteuer gehört zugunsten kleiner und mittlerer Einkommen umgestaltet. Vermögende und Topverdiener müssen deutlich mehr leisten: Sie zahlen im Verhältnis zu ihrem Einkommen einen deutlich geringeren Beitrag zum Steueraufkommen als Bezieher:innen kleiner und mittlerer Einkommen. Das ist nicht länger hinnehmbar.
Sparvorschläge zulasten von Sozialausgaben sind entschieden zurückzuweisen: Sie bieten keine strukturelle Lösung und sind gesellschaftlich nicht verkraftbar. Die Zeichen der Zeit sind klar: Steuerprivilegien nach oben gehören gestoppt, Investitionen in öffentliche Daseinsvorsorge müssen zunehmen, die untere Einkommenshälfte gehört entlastet – und die Debatte um die Vermögens- und Erbschaftssteuer muss intensiver geführt werden.“