Die „Altschulden“ ostdeutscher Wohnungsunternehmen sind durch einen in der Geschichte beispiellosen Akt der Bereicherung westdeutscher Banken zunächst am Volksvermögen der DDR und dann zu Lasten der deutschen Steuerzahler entstanden.
Wie in der ostdeutschen Wirtschaft insgesamt, in Industrie und Landwirtschaft, sind auch den Wohnungsunternehmen ursprünglich zweckgebundene Zuweisungen aus dem Staatshaushalt der DDR nach der Wende durch die Treuhandanstalt als Kredite zugewiesen worden, ohne dass es je einen Kreditvertrag dazu gegeben hätte. Diese willkürlich erzeugten Schulden sind dann mit der Privatisierung des Banken und Versicherungssystems an Privatbanken – im Fall der Wohnungsunternehmen hauptsächlich an die Deutsche Kreditbank AG und die Berliner Bank AG – mit verkauft worden. Die Berliner Bank AG z. B. “kaufte“ für 49 Mio. DM die Berliner Stadtbank obwohl allein deren Bareinlagen zu diesem Zeitpunkt mehr als doppelt so hoch waren. Vom Wert des Filialnetzes und des Immobilienbesitzes abgesehen, war der eigentliche Clou dieses Deals die kosten- und risikolose Übernahme von „Altschuldenforderungen“ von 11,5 Milliarden DM! Hinzu kam, dass die Volkskammer der DDR noch in ihrer letzten Sitzung die Anpassung der üblichen DDR Zinsen von 0,5 Prozent auf das marktübliche Niveau, d. h. damals 9 bis 11 Prozent beschloss. Während die Berliner Bank AG auf diese Weise einen unfassbaren Profit von 10.000 % generierte, gerieten die ostdeutschen Wohnungsunternehmen in eine schier ausweglose wirtschaftliche Schieflage. Am Tag der Währungsumstellung am 01.07.1990 betrugen deren – nun Altschulden genannten – Verbindlichkeiten 36 Mrd. DM und wuchsen bis zum 31.12.1993 auf 51 Mrd. DM an.
Die ostdeutschen Wohnungsunternehmen wurden durch die willkürlich erzeugte Schuldensituation wirtschaftlich handlungsunfähig und in eine totale Abhängigkeitssituation gedrängt. Mit dem Altschuldenhilfegesetz vom 1.1 1994 waren sie gezwungen, einen Teil der Altschulden als echte Kreditverbindlichkeiten anzuerkennen, wofür ihnen ein anderer Teil der fiktiven Schulden erlassen wurde. Deswegen mussten aber die Banken nicht etwa Zinsausfälle hinnehmen sondern die Bundesrepublik übernahm die erlassenen Schulden in den sogenannten Erblastentilgungsfonds, wodurch nun die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler insgesamt für die Bankprofite aufzukommen hatten.
Unserer Kritik ist eine vierfache:
- Die Altschulden hätten gar nicht entstehen müssen. Sie sind das Ergebnis einer gigantischen Begünstigung der Banken durch die Treuhandanstalt und die Bundesregierung zu Lasten der ostdeutschen Wohnungsunternehmen und der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
- Ohne die aufgebürdeten Altschulden hätten die ostdeutschen Wohnungsunternehmen eine wirtschaftlich gesunde Umstrukturierung bei moderateren Mietsteigerungen starten können. Das war offenbar nicht gewollt.
- Das Beharren der Bundesregierung auf Rückzahlung auch der verbliebenen Altschulden füllt weiter die Tresore der Banken zu Lasten der Wohnungsunternehmen und der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, obwohl die nie auch nur einen Cent an Kreditmitteln zur Verfügung gestellt hatten.
- Die Bedienung der Altschulden hemmt ostdeutsche Wohnungsunternehmen erheblich bei der ökologischen Sanierung und dem barrierefreien Umbau ihrer Wohnungsbestände.
Die Fraktion DIE LINKE will, dass die Altschulden, die gegenwärtig geschätzt noch 7 bis 8 Mrd. Euro betragen, unverzüglich gestrichen und für eine echte Aufstockung der Städtebauförderung verwendet werden. Die freigesetzten finanziellen Ressourcen sollen zur beschleunigten energetischen Sanierung der Wohnungsbestände sowie deren barrierefreien Umbau verwendet werden.
Die Streichung der Altschulden darf dabei nicht zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gehen, sondern ist durch die Banken zu tragen, die von der bisherigen Altschuldenregelung profitiert haben.