Nur ein starker Staat kann soziale Ungleichheit bekämpfen, Schulen und Hochschulen für alle anbieten, den ökologischen Umbau unserer Wirtschaft vorantreiben und das Fahren mit Bussen und Bahnen erschwinglich halten. Um dies leisten zu können, braucht der Staat Geld. CDU/CSU, SPD und Grüne betrachten es als einen politischen Erfolg, dass in den Jahren vor der Finanzkrise ein immer geringerer Anteil der Wirtschaftsleistung durch öffentliche Kassen geflossen ist. Das Ergebnis ist, dass Deutschland bei den Ausgaben für Soziales, Bildung, Infrastruktur hinterherhinkt und Investitionen in die Zukunft vernachlässigt hat.
Der Anteil der Wirtschaftsleistung, der durch öffentliche Kassen fließt, wird durch die Staatsquote gemessen. Diese Quote setzt die Ausgaben des Staates einschließlich Sozialversicherungen ins Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung, dem sogenannten Bruttoinlandsprodukt. Die Staatsquote ist in Deutschland bis zum Ausbruch der Finanzkrise fortlaufend gesunken und betrug 2007 nur noch 43,4 % – während sie zum Beispiel in Frankreich im selben Jahr bei 52,2 % lag. Infolge der Finanzkrise stieg die Staatsquote – 2009 betrug sie in Deutschland 48,3 %. 2019 war die Staatsquote in Deutschland auf 45,6 % zurückgegangen – in Frankreich betrug sie im selben Jahr 55,4 %. Infolge der Corona-Krise stieg die Staatsquote 2021 in Deutschland auf 50,7 %, 2024 betrug sie 49,5 % (Quelle: Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums, Mai 2025).
Die Staatsquote langfristig herunter zu drücken ist ein zentrales Anliegen der Politik von CDU/CSU, SPD und Grünen. Ziel ist es, den Sozialstaat einzudampfen und die verbleibenden Reste marktorientiert umzubauen. Um den Einfluss des Staates zu beschneiden, setzten und setzen diese Parteien zunächst umfangreiche Steuerentlastungen für Gutverdienende und Unternehmen durch. Die dadurch steigende staatliche Verschuldung wird genutzt, um einen angeblichen politischen Sachzwang für Ausgabenkürzungen zu schaffen. Der Sozialabbau erhöht den Druck auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, schlechte und unterbezahlte Jobs anzunehmen oder weiter zu ertragen.
Die Linke will einen starken Staat. Die Politik der Schrumpfung des Sozialstaats und Senkung öffentlicher Ausgaben hat sich verheerend auf die Lebensqualität der Menschen, das Niveau der öffentlichen Leistungen und die Zukunftsaussichten der jungen Generation ausgewirkt. Unser Ziel ist es, die Umverteilung von unten nach oben zu stoppen und umzukehren; wir wollen das Bildungssystem, die Energieversorgung, das Gesundheitswesen und die Verkehrsinfrastruktur sanieren und modernisieren. Wir brauchen auf den sozial-ökologischen Umbau der Industrie ausgerichtete Investitionen in die Zukunft, ausreichende soziale Leistungen und einen starken öffentlichen Beschäftigungsbereich.
Um dies zu finanzieren, benötigt der Staat genügend finanzielle Mittel. Dies wollen wir durch eine stärkere Beteiligung der wirtschaftlich Leistungsfähigen an den Kosten des Gemeinwesens erreichen: Eine höhere Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften, hoher Einkommen und Unternehmensgewinne. Nach der Bewältigung der Corona-Krise ist eine einmalige Vermögensabgabe nach dem Vorbild des Lastenausgleichs nach dem Zweiten Weltkrieg notwendig. Die Linke schlägt vor, die oberen 0,7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung mit einem privaten Nettovermögen (Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) von zwei Millionen Euro beziehungsweise fünf Millionen Euro bei Betriebsvermögen mit einer einmaligen zeitlich gestreckten Abgabe zu belasten. Wir fordern einen Eingangsabgabesatz von zehn Prozent und eine progressive Ausgestaltung, also einen steigenden Abgabesatz bei steigendem Vermögen.
