Vor 50 Jahren, am 12. August 1970, wurde mit der Unterzeichnung des Moskauer Vertrags zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland im Katharinensaal des Kremls Weltpolitik geschrieben. Mit dem Moskauer Vertrag akzeptierte die sozialliberale Bundesregierung unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Außenminister Walter Scheel (FDP) erstmals die Ergebnisse des Hitlerkrieges: Sie machte mit den Gebietsforderungen gegen die UdSSR und Polen Schluss und erkannte die Oder-Neiße-Linie mit 20 Jahren Verspätung als Grenze zwischen Polen und Deutschland an.
Der Bruch mit zwei Jahrzehnten Bonner Revanchepolitik war historisch, aber alles andere als einfach. Widerstand dagegen gab es keineswegs nur im rechten Spektrum, das mit Parolen wie „Brandt an die Wand“ Stimmung machte, sondern auch in der SPD. Denn noch zu Zeiten ihres Vorsitzenden Kurt Schumacher waren es gerade die Sozialdemokraten, die mitunter am lautesten nach Breslau und Königsberg schrien. Um die Schwierigkeiten zu ermessen, die Brandt und Scheel zu überwinden hatten, muss man sich vor Augen halten, dass folgende Erklärung des 1. Deutschen Bundestages im Jahr 1970 nicht aufgehoben oder außer Kraft gesetzt war:
In seiner 85. Sitzung am 14. September 1950 hatte der Bundestag in einer gemeinsamen Erklärung fast aller Fraktionen – einzige Ausnahme die KPD-Fraktion – beschlossen, die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie zum „Verbrechen an Deutschland und gegen die Menschlichkeit“ zu erklären.
Die Endgültigkeit der polnischen Westgrenze ist eine tragende Säule der Friedensordnung in Europa. Ihr Zustandekommen ist insbesondere Willy Brandt zu danken. Dafür gab es den Friedensnobelpreis und daran sollte erinnert werden, besonders am 12. August 2020. Von Seiten der Bundesregierung hört man dazu leider: Nichts!