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Für ein echtes Tariftreuegesetz – Lohndumping mit Steuergeld stoppen!

Nachricht von Pascal Meiser,

Mit Steuergeld darf nicht länger Lohndumping gefördert werden. Wer öffentliche Aufträge erhält, muss verpflichtet werden, seine Beschäftigten tatsächlich anständig nach Tarif zu bezahlen. Deshalb fordern wir als Die Linke bereits seit langem ein echtes Bundestariftreuegesetz. Gut, dass jetzt auch die Bundesregierung endlich einen Entwurf für ein solches Tariftreuegesetz vorgelegt hat. Der vorgelegte Gesetzesentwurf weist jedoch deutliche Lücken auf.

Bereits die bewusste Entscheidung für einen hohen Schwellenwert von 50.000 Euro wird dazu führen, dass bei rund einem Drittel der erfassten öffentlichen Aufträge des Bundes auch künftig nicht nach Tarif bezahlt werden muss. Der tatsächliche Anteil, der so nicht unter die geplante Tariftreueregelung fallenden Aufträge, dürfte sogar noch deutlich größer sein, da öffentliche Aufträge mit einem Auftragswert von weniger als 25.000 Euro in der Regel in der Vergabestatistik gar nicht erfasst werden.

Aufträge zur Deckung jeglicher Bedarfe der Bundeswehr sollen bis zum Jahre 2032 sogar komplett von der Tariftreue freigestellt werden. Diese Ausnahme betrifft damit ausgerechnet den Bereich, in dem bei den öffentlichen Ausgaben in den kommenden Jahren der größte Aufwuchs geplant ist. Wenn es um Aufrüstung geht, scheint Lohndumping auch für die SPD plötzlich kein Problem mehr zu sein. Auch für die Bereiche Zivile Verteidigung, innere Sicherheit, Katastrophenschutz und nachrichtendienstliche Zwecke gelten weitreichende Ausnahmen, und das, obwohl schon jetzt in tatsächlichen Krisenfällen eine vereinfachte Vergabe möglich ist.

„Die Bereichsausnahmen für die Bundeswehr und die Sicherheitsbehörden müssen vollständig gestrichen werden und der Schwellenwert für die geplante Tariftreue muss auf mindestens 25.000 Euro gesenkt werden“, fordert Pascal Meiser, Sprecher für Arbeitspolitik und Arbeitsrecht. “Nur so kann das Gesetz tatsächlich in der Breite die Tarifbindung stärken.“

Auch sieht der Vorschlag der Bundesregierung bei der Arbeitszeit und der Anzahl der Urlaubstage erst ab einer Auftragsdauer von mehr als zwei Monaten eine Pflicht zur Einhaltung tarifvertraglicher Standards vor.

“Tarifflüchtigen Unternehmen würde es so weiter ermöglicht, sich in den ersten zwei Monaten der Auftragserbringung über schmutzige Wettbewerbsvorteile gegenüber tarifgebundenen Unternehmen zu verschaffen“, kritisiert Pascal Meiser. “Auch diese Einschränkung unterminiert ohne Not das zugesagte Tariftreueversprechen und muss im Laufe des Weiteren Gesetzgebungsverfahrens gestrichen werden.”

Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Gesetzes wird sein, ob die geplante Verpflichtung zur Tariftreue in der Praxis tatsächlich kontrolliert und durchgesetzt wird. Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung dafür die Einrichtung einer gesonderten Prüfstelle vorsieht. Doch deren Kompetenzen wurden im bisherigen Gesetzgebungsverfahren von der Arbeitgeberlobby bereits um einiges gestutzt. Die Einzelheiten zur Durchführung der Kontrollen und die Kontrollrechte der Prüfstelle soll jetzt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales per Rechtsverordnung festlegen.

„Die zentrale Prüfstelle braucht dringend ausreichend qualifiziertes Personal und alle notwendigen Kompetenzen, um effektiv wirken zu können“, erklärt Pascal Meiser. „Die zentrale Prüfstelle muss zudem anlasslos und risikobasiert Stichprobenprüfungen durchführen. Es wäre deshalb auch richtig und wichtig, eine verbindliche Mindestkontrollquote festzulegen. Auch reine Prüfungen nach Aktenlage sind unzureichend. Die Realität, zum Beispiel auf dem Bau, zeigt, dass Verstöße nur mit einem klaren Mandat auch zu unangekündigten und robusten Vor-Ort-Kontrollen aufdecken werden können.“

Besonders problematisch für die Wirksamkeit des geplanten Gesetzes ist auch, dass - anders als ursprünglich noch vorgesehen - Nachunternehmer und Leiharbeitsunternehmen, die an der Erfüllung des Auftrags beteiligt sind, von jeglichen Dokumentationspflichten freigestellt werden sollen.

„Ohne entsprechende Dokumentationspflichten werden die Vergabestellen und die zentrale Prüfstelle Verstöße im Ergebnis jedoch oftmals nicht belegen können“, kritisiert Pascal Meiser. „Auftragnehmern wird es so künftig ein Leichtes sein, die Tariftreuepflicht mittels Subunternehmer und Leiharbeit zu umgehen. Deshalb braucht es auch für alle an der Erledigung eines Auftrags beteiligten Nachunternehmer und Verleiher eine umfassende Pflicht zum Nachweis der Einhaltung der auch für sie geltenden Tariftreueregelungen.“

Völlig unverständlich und unpraktikabel ist zudem, dass die zentrale Prüfstelle bei Verstößen nicht selbst Sanktionen verhängen, sondern bestenfalls Handlungsempfehlungen an die betroffene Vergabestelle aussprechen können soll.

Pascal Meiser resümiert: „Leider wird im Regierungsentwurf die an sich gute Absicht durch vielerlei Regelungen konterkariert. Deshalb muss der vorgelegte Gesetzesentwurf an zentralen Stellen dringend nachgebessert werden.“