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Neutralität darf nicht zu Verantwortungslosigkeit führen

Nachricht von Maik Brückner,

Die Bedrohung für queere Menschen in Deutschland wächst – doch statt Haltung zu zeigen, zieht sich der Bundestag zurück. Die Entscheidung, das queere Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung nicht am Berliner CSD teilnehmen zu lassen und die Regenbogenfahne nicht zu hissen, ist ein fatales Signal. Gerade jetzt wäre es Aufgabe des Parlaments, Gesicht zu zeigen – gegen Hass und Ausgrenzung, für Vielfalt und Menschenrechte.

Während queere Menschen auf der Straße für Sichtbarkeit und Sicherheit kämpfen, beruft sich der Bundestag auf eine fragwürdige Auslegung von „Neutralität“. Doch Neutralität gegenüber Menschenrechten – das ist keine Ausgewogenheit, das ist Rückzug. Die Botschaft: Wenn es unbequem wird, duckt man sich weg.

Maik Brückner, queerpolitischer Sprecher bringt es auf den Punkt:

„Die Pride-Beflaggung des Reichstags und die CSD-Teilnahme von Bundestagsbeschäftigten zu verbieten, sind kein Ausdruck von Neutralität, sondern ein Rückschritt für Gleichstellung und queere Sichtbarkeit. Die Rechte von LGBTIQ*-Personen zu verteidigen ist keine parteipolitische Positionierung – es ist verfassungsrechtlich gebotene Verantwortung. Wer sich auf formale Zurückhaltung beruft, wo Haltung nötig ist, sendet ein gefährliches Signal – gerade in einer gesellschaftlichen Situation, in der queere Menschen zunehmender Bedrohung ausgesetzt sind.“

Das ist mit den Werten unseres Grundgesetzes nicht vereinbar. Dort stehen unmissverständlich: Freiheit, Gleichheit, Schutz vor Diskriminierung. In Zeiten, in denen rechte Gewalt und queerfeindliche Hetze zunehmen, ist es die Pflicht einer wehrhaften Demokratie, genau diese Werte zu verteidigen – nicht sich hinter formalen Vorwänden zu verstecken.

Der Christopher Street Day ist mehr als eine Parade – er ist ein Gedenktag, ein Fest der Vielfalt und ein politischer Appell gegen Ausgrenzung. Wer sich hier heraushält, stellt sich nicht quer, sondern stellt sich weg – und das zur Unzeit. Die Angriffe auf queere Veranstaltungen nehmen zu, zuletzt wurde in Bad Freienwalde eine friedliche Kundgebung brutal überfallen. Auch das belegt: Sichtbarkeit ist nötig, Solidarität überfällig.

Wenn ausgerechnet die Bundestagsverwaltung ihren Beschäftigten untersagt, beim CSD sichtbar für Vielfalt einzustehen, sendet sie kein neutrales, sondern ein gefährliches Signal: Sie macht sich klein vor dem rechten Druck – und lässt diejenigen im Stich, die Schutz brauchen.

Dabei bräuchte es gerade jetzt eine klare Haltung: Gegen rechte Angriffe, gegen Einschüchterung, gegen das Schweigen. Während selbst Konzerne wie SAP und Lufthansa im Pride Month ihre Regenbogenfarben streichen und Spenden an CSDs einbrechen, bleibt auch vom Bundestag das Signal aus, das Demokratie braucht.

Demokratie zeigt Haltung. Der Bundestag muss jetzt Flagge zeigen – für die Würde, Sichtbarkeit und Sicherheit queerer Menschen. Alles andere ist kein Neutralitätsgebot. Es ist Wegsehen.