Wer Milliarden erbt, zahlt fast gar keine Erbschaftssteuer. Die jetzigen Regelungen begünstigen vor allem die, die bereits mehr als genug haben. Die Linksfraktion will diese Steuerschlupflöcher schließen.
Das Vermögen in Deutschland ist extrem ungleich verteilt – und Erbschaften haben großen Anteil daran. Das reichste Zehntel der Bevölkerung erbt rund die Hälfte des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte der Bevölkerung gar nichts erbt. Das Vermögen von inzwischen 256 deutschen Milliardären kommt zu rund 75 Prozent aus Erbschaften und Schenkungen. Sie haben einfach die Hand aufgehalten und können jetzt zusehen, wie sich ihr Geld weiter vermehrt.
Das liegt auch einer Erbschaftsteuer, die Milliardäre fast steuerfrei davonkommen lässt. Denn absurderweise sinkt in Deutschland die reale Steuerlast, je mehr man erbt. Eigentlich handelt es sich um eine progressive Steuer: Mit einer höheren Summe soll auch die Steuerlast steigen, auf 30 bis maximal 50 Prozent. Doch in der Praxis ist es genau umgekehrt: Wer über 20 Millionen Euro vererbt oder geschenkt bekam, hat 2023 im Schnitt nur 4,7 Prozent gezahlt. Bei kleinen Erbschaften und Schenkungen war es rund das Doppelte.
„Es kann nicht sein, dass kleine Erbschaften deutlich höher besteuert werden als große – wir wollen die Steuervergünstigungen für Übereiche streichen“ erklärt Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Bundestag.
Dabei geht es vor allem um die sogenannte „Verschonungsbedarfsprüfung“, die große Vermögen quasi steuerfrei stellt. Ein prominentes Beispiel ist der Springer-Vorstandsvorsitzende Matthias Döpfner, dem hunderte Millionen Euro Schenkungssteuer erlassen wurden. Hinzu kommen weitere Schlupflöcher im Steuerrecht, die vor allem diejenigen nutzen, die die teuersten Anwälte haben. Sie führen dazu, dass jemand, der 3 Millionen Euro oder drei Wohnungen erbt, mehr Steuern bezahlt als eine Person, die 300 Millionen Euro oder 300 Wohnungen erbt.
„Mit der Verschonungsbedarfsprüfung können sich die, die eh schon viel zu viel haben, künstlich arm rechnen und kaum oder gar keine Steuern zahlen. Höchste Zeit, hier Recht und Ordnung durchzusetzen“, so Reichinnek.
Ein Antrag der Linksfraktion im Bundestag soll das ändern: Er fordert, vor allem die Verschonungsbedarfsprüfung als Fehler im System zu beheben und einer grundlegende Reform der Erbschaftssteuer den Weg zu bereiten. Tricks und Umgehungstaktiken müssen abgeschafft werden. Zugleich braucht es großzügigere Regeln der Stundung für diejenigen, die bei kleineren Erbschaften Probleme haben, die Steuer zu begleichen. So soll sichergestellt werden, dass kein Betriebsvermögen verkauft werden muss, um die Erbschaftssteuer begleichen zu können.
