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“Zusatzbeiträge sind zutiefst unsozial“

Archiv Linksfraktion - Interview der Woche von Kathrin Vogler,

Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler (DIE LINKE) über bankrotte Krankenkassen, drohende Zusatzbeiträge und den neuen Gesundheitsminister.

Die Krankenkasse City BKK ist pleite und wird zum 1. Juli 2011 geschlossen. Weiteren Kassen droht die Insolvenz. Aus welchem Grund müssen diese Krankenkassen schließen?

Kathrin Vogler: CDU/CSU und FDP setzen fort, was die Koalition von Union und SPD begann: Die Ideologie von Wettbewerb und Markt pur treibt manche Krankenkasse in den Ruin. Kassen mit überdurchschnittlich vielen älteren und kranken Mitgliedern gehen pleite.

Viele der rund 168000 Versicherten der City BKK werden von anderen Kassen abgewimmelt. Was raten sie den Versicherten?

Nach dem Gesetz haben alle Versicherten die freie Wahl: Sie dürfen sich die Kasse aussuchen, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht. Dabei sollte man sich nicht abwimmeln lassen.

Die gesetzlichen Krankenkassen gehen davon aus, dass der Zusatzbeitrag in den kommenden Jahren zur Regel wird und auf 50 bis 70 Euro im Monat steigen könnte.

CDU/CSU und FDP haben den Arbeitgeberbeitrag eingefroren. Wenn die Ausgaben für Arzneimittel, Ärzte-Honorare oder Medizintechnik schneller als die Löhne steigen, müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Rentnerinnen und Rentner das mit Zusatzbeiträgen allein schultern. Das ist zutiefst unsozial.

Der Deutsche Bundestag berät zurzeit über drei Gesetzesanträge der Fraktion DIE LINKE. Was ist der gemeinsame Kern dieser drei Anträge? 

Die jetzigen Regelungen der Versicherungspflicht führen zu massiven sozialen Verwerfungen: Selbständige mit geringen Einkommen oder privat versicherte Alg-II-Bezieher werden durch unbezahlbare Beiträge in die Schuldenfalle getrieben. Diese Menschen können nicht darauf warten, dass wir eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung durchsetzen. Deswegen schlagen wir für diese Gruppen schnelle und pragmatische Lösungen vor.

Welchen Vorteil haben die Versicherten, wenn die Mehrheit des Bundestags diesen Anträgen zustimmt?

Wir wollen bezahlbaren Versicherungsschutz und umfassende Gesundheitsversorgung für alle, gerade auch für Menschen mit geringem Einkommen. Unsere Anträge bedeuten einen ersten Schritt in diese Richtung.

Was erwarten Sie von dem neuen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP)?

Wenn Banker und Ökonomen Gesundheitspolitik machen, kann man leider nicht viel Gutes erwarten. Daniel Bahr hat vor zwei Jahren gedroht, die Gesetzliche Krankenversicherung abschaffen zu wollen. Da wird er aber bei uns auf Granit beißen.

 

Kathrin Vogler ist Stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags.