Flüchtlingsfrauen brauchen besondere Hilfe und besonderen Schutz. Das Sozial- und Familienministerium Brandenburg schaute genau hin und reicht den Frauen aus der Ferne die Hand.
Den Schätzungen nach werden im Jahr 2015 etwa 50.000 Flüchtlinge neu nach Brandenburg gekommen sein. Wie viele davon Frauen sein werden, ist nicht genau zu beziffern. Woher sie kommen, in welchen Zusammenhängen sie vor der Flucht lebten, wer sie sind, ist nicht so einfach herauszufinden. Sicher ist jedoch, dass geflüchtete Frauen in mindestens dreierlei Hinsicht einen besonderen Bedarf haben: im Schutz vor Gewalt, in der besonderen medizinischen Behandlung und im gleichberechtigten Zugang zu Integrationsangeboten. Schon auf und während der Flucht sind Frauen besonderen Bedingungen ausgesetzt. Sehr viele seien Opfer von Gewalt, von Vergewaltigungen, psychischer Gewalt und Menschenhandel, so der Deutsche Frauenrat. Übergriffe gibt es nicht nur von Fremden, sondern auch von den eigenen Begleitern. Viel zu häufig gehen solche Übergriffe in den Not- und Gemeinschaftsunterkünften weiter. Eine Studie des Fachberatungsdienstes Zuwanderung, Integration und Toleranz im Land Brandenburg (Fazit) belegt, dass Gewalt gegen Frauen in allen brandenburgischen Unterkünften existiert. Als besonders dramatisch beschreibt Fazit die Situation für Frauen im Umfeld religiös fundamentalistisch eingestellter Männer. Unter ihnen gibt es nicht nur häufiger Gewalt, sondern auch gegenüber fremden Frauen in den Unterkünften. In der rot-roten Landesregierung Brandenburg gibt es eine hohe Sensibilität für die besonderen Belange der Flüchtlingsfrauen. Sozial- und Frauenministerin Diana Golze (DIE LINKE) hat in den letzten Monaten zahlreiche Unterkünfte besucht und mit Haupt- und Ehrenamtlichen gesprochen. Nach diesen Begegnungen wurden eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die auf dem Landesintegrationskonzept aufbauen. Der Leitgedanke: Die Ankommenden sollen möglichst schnell handlungsfähig gemacht werden. Sie sollen nicht passiv wartenmüssen, sondern aus Versorgungsabhängigkeiten herauskommen und selbstständig werden. Um das zu beschleunigen, wurde im Sozialministerium eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Landesweit wird in Willkommensinitiativen investiert, ebenso in die Fortbildung der Ehrenamtlichen. Ganz wichtig sind Sprachkurse, sie stehen ganz oben auf der Prioritätenliste. Auch weil die Integrationskurse des Bundes längst nicht für alle zugänglich und schon gar nicht bezahlbar sind. Viele Flüchtlinge fallen hier durch das Raster, weil die Unterrichtskosten auf das ohnehin schmale Taschengeld angerechnet werden. Brandenburg hingegen will Mittel bereitstellen, um jeder und jedem Geflüchteten einen Sprachkurs anzubieten. Es wird neue Stellen zur Anerkennung der Bildungs- und Berufsabschlüsse geben, und schon jetzt gibt es an allen brandenburgischen Hochschulen Beratungsstellen für studierwillige Flüchtlinge. Es wird neue Personalstellen für Migrationssozialarbeit geben und die Gesundheitskarte für Flüchtlinge wird eingeführt. Zur Gewaltprävention in Unterkünften entsteht ein mobiles Team, das vor Ort berät und fortbildet. „Gewaltschutz für Frauen in Gemeinschaftsunterkünften“ wurde hier als konkreter Baustein festgeschrieben. Die Integrationsbeauftragte und die Landesgleichstellungsbeauftragte haben eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet, um so die Belange der Flüchtlingsfrauen auf lange Sicht im Blick zu behalten. Neben dem wirksamen Schutz vor Gewalt zählt die Arbeitsmarktintegration dazu. Migrantinnen dürfen nicht massenhaft in prekäre Arbeitsverhältnisse geraten. Benötigt werden Alphabetisierungskurse für Frauen, und besonders Schutzbedürftige müssen über ihre Rechte informiert werden oder über die Existenz von Gewaltschutzeinrichtungen. Es braucht vereinfachte Verfahren für Flüchtlingsfrauen, die in Frauenhäusern eines anderen Landkreises Schutz suchen. Eine der großen Herausforderungen ist auch das Leben in einer eigenen Wohnung. Flüchtlingsfrauen stehen dann nicht selten allein da, sind möglicherweise aufgrund fehlender Sprachkenntnisse sogar isoliert. Für die Kinder werden Kitabetreuungsplätze zur Verfügung gestellt, zuvor aber müssen sie geimpft werden und ein bestimmtes Alter erreicht haben. Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg hat Gutes auf den Weg gebracht. Sie wird weiter Druck auf den Bund ausüben, sowohl in der Außen- und Flüchtlingspolitik als auch bei Regelungen zum Asylverfahren und der Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe. Die neuen Pläne der Bundesregierung lassen jedoch eher weitere Nachteile für Frauen erahnen. Sie werden besonders betroffen sein, wenn der Familiennachzug begrenzt oder ausgesetzt wird oder selbst Schwangere künftig ohne Vorwarnung auch nachts abgeschoben werden können.
Monika von der Lippe ist Landesgleichstellungsbeauftragte in Brandenburg. Sie ist bundesweit die erste LINKE in dieser Funktion und seit September 2015 im Amt.