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»Die Lüge ist ein Mittel, Interessen durchzusetzen«

erschienen in Klar, Ausgabe 20,

»Die verlogene Politik« der jüngsten Zeit nehmen Pascal Beucker und Anja Krüger unter die Lupe (Knaur, 8,99 Euro). Und schnell wird klar: Es gibt kein Thema, bei dem nicht gelogen wird, dass sich die Balken biegen.

Welche Rolle spielt die Lüge beim Kampf um die politische Macht?

Anja Krüger: Die Lüge ist für Politiker häufig ein Instrument, um eigene Interessen gegen Widerstände durchzusetzen oder sich in ein besseres Licht zu stellen. Dann gilt: Der Zweck heiligt die Mittel, allzu oft rehabilitiert er den Lügner. Genau an diesem Punkt beginnen die Grenzen zu verschwimmen.

Pascal Beucker: Allerdings halten wir überhaupt nichts davon, Politiker pauschal als Lügner zu klassifizieren. Denn das wirkt entpolitisierend und damit auch entdemokratisierend. Wer der Überzeugung ist, ohnehin nur belogen zu werden, für den ist Aufrichtigkeit auch kein Kriterium mehr für seine Wahlentscheidung. Wir plädieren in unserem Buch hingegen dafür, genau hinzuschauen.

Wo verlaufen die Grenzen zwischen Irrtum, kleiner Schummelei und dicker Lüge?

Krüger: Tatsächlich verbirgt sich nicht hinter jeder Unwahrheit unbedingt ein Lügenmanöver. Entscheidend ist der Vorsatz, also die bewusste Absicht zur Täuschung. Das ist nicht immer leicht zu klären.

Fakten können gegoogelt, Lügen schnell entlarvt werden. Wie hoch ist das Risiko, das Politikerinnen und Politiker jetzt eingehen?

Beucker: Im Gegensatz zu früher ist es heute tatsächlich leichter, Täuschungen, Etikettenschwindel oder Halbwahrheiten zu entlarven. So lässt sich ziemlich einfach herausfinden, ob ein Verteidigungsminister seine Doktorarbeit abgeschrieben hat.

Müssen überführte Politikerinnen und Politiker zurücktreten, wenn sie erwischt wurden?

Krüger: Das kommt darauf an. Offensichtlich gibt es Umstände, unter denen Öffentlichkeit und Wähler nachweislich unwahre Behauptungen verzeihen. Letztlich ist ausschlaggebend, wie es um den Rückhalt in der eigenen Partei bestellt ist. Sobald ein Politiker den verliert, muss er abtreten. Aber erst dann, wie aktuell das Beispiel Guttenberg zeigt.