Mit überwältigenden Mehrheiten sprachen sich die Mitglieder der Linkspartei.PDS und der WASG in getrennten Urabstimmungen für eine Vereinigung der beiden Parteien aus. Damit ist der Weg für ein Zusammengehen der beiden linken Parteien auf dem Gründungsparteitag am 16. Juni 2007 in Berlin geebnet.
Erstmals im Zusammenhang mit der deutschen Einheit werden sich zwei Parteien, die eine vornehmlich aus dem Osten, die andere vornehmlich aus dem Westen, auf gleichberechtigter Basis vereinigen. Das hat sowohl der Linkspartei.PDS als auch der WASG bei den Diskussionen über eine gemeinsame Programmatik, Statut und Wahlen einiges an Kompromissen abverlangt, und beide Parteien haben sich aufeinander zu bewegt. Die Gleichberechtigung drückt sich auch darin aus, dass die neue Partei zunächst von zwei Vorsitzenden, Lothar Bisky von der Linkspartei.PDS und Oskar Lafontaine von der WASG, angeführt werden wird, natürlich ihre Wahl vorausgesetzt.
Bei den anderen Parteien verlief der Zusammenschluss über einen Beitritt der Ostableger von Union, SPD, FDP und Grünen durch die jeweils dominierenden Westparteien. Nur bei der Linken fand ein Prozess statt, bei dem die unterschiedlichen Herkünfte, die unterschiedlichen Kulturen und Mentalitäten und die unterschiedlichen Erfahrungsschätze aus dem Westen und aus dem Osten in ein gemeinsames, gesamtdeutsches Projekt einer Partei mündeten.
In den Augen vieler Bürgerinnen und Bürger existiert die Partei DIE LINKE bereits. Über 4,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger wählten im September 2005 die Linkspartei mit 8,7 % der Stimmen, auf deren Listen sich auch Kandidatinnen und Kandidaten der WASG zur Wahl in den Deutschen Bundestag stellten. In der gemeinsamen Fraktion Die Linke. nahmen die Abgeordneten die Fusion durch eine Zusammenarbeit in der Opposition bereits vorweg. In ihrer konsequenten Haltung gegen völkerrechtswidrige Kriegseinsätze nicht nur der Bundeswehr und durch ihr Eintreten für mehr soziale Gerechtigkeit, für Steuergerechtigkeit und die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen gegen die neoliberalen Parteien im Bundestag hat DIE LINKE bereits Einfluss auf die Politik dieses Landes gewonnen.
Die Diskussionen um den gesetzlichen Mindestlohn, von der LINKEN im Bundestagswahlkampf gefordert, von den anderen Parteien damals zurückgewiesen, gehört heute zu den aktuellen Streitthemen in der großen Koalition und setzt die SPD unter erheblichen Druck, dem sie ohne die Linke nicht ausgesetzt wäre.
Die Existenz einer linken Bundestagsfraktion und ihre Öffentlichkeitsarbeit haben auch dazu beigetragen, dass die gemeinsame Linke nach den Bürgerschaftswahlen in Bremen und Bremerhaven erstmals in einem westdeutschen Landtag vertreten ist. Das Bremer Wahlergebnis von 8,4 % wird die Parteienlandschaft nachhaltig verändern, denn mit der Wahl in einen westdeutschen Landtag ist DIE LINKE endgültig aus dem Schatten einer reinen Ostpartei herausgetreten. Sie ist und sie wird zunehmend auch in Westdeutschland zu einer wählbaren Alternative jenseits des neoliberalen Mainstreams.
Mit der Bildung einer gemeinsamen linken Partei jenseits der neoliberalen Parteien wird dieses Land ein Stück weit normaler und europäischer. Es liegt an der LINKEN selbst, mit ihrer Rolle verantwortungsvoll umzugehen und sich für eine Politik im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung zu streiten.
Ihr Gregor Gysi
Vorsitzender der
Fraktion DIE LINKE.

Freiwillige Vereinigung von Ost und West bei den Linken
erschienen in Clara,
Ausgabe 4,