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Kommunen vor dem Zusammenbruch

erschienen in Klar, Ausgabe 17,

Für ihre Steuergeschenke an Reiche und Unternehmen lässt die Bundesregierung Kommunen zahlen: Vielerorts sind Arbeitsplätze gefährdet, Kindertagesstätten und Schwimmbäder bedroht.


Für ihre Steuergeschenke an Reiche und Unternehmen lässt die Bundesregierung Kommunen zahlen: Vielerorts sind Arbeitsplätze gefährdet, Kindertagesstätten und Schwimmbäder bedroht.

Schulden, Steuerlöcher und Sozialausgaben in Rekordhöhe – Wörter, die den meisten Kommunalpolitikern in Deutschland leider geläufig sind. Der Deutsche Städtetag warnt: „Ein Teil der Städte steht vor dem Kollaps und droht handlungsunfähig zu werden.“

Seit mehr als zehn Jahren wälzen Bund und Länder steigende Ausgaben auf die Kommunen ab. Die Steuerpolitik des Bundes führt zu sinkenden Einnahmen. In der aktuellen Wirtschaftskrise schrumpfen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer, der Hauptgeldquelle der Kommunen. Steigt zudem die Arbeitslosigkeit, erhöhen sich die Pflichtausgaben der Kommunen, beispielsweise für die Unterkunft von Hartz-IV-Beziehenden.

Die Stadt Wuppertal soll allein in diesem Jahr rund 80 Millionen Euro kürzen. Schwimmbäder, Stadtteilbibliotheken, Sozialberatungen und das renommierte Schauspielhaus sind bedroht. Die Kürzungspläne seien „kontraproduktiv“, kritisiert Barbara Hüppe vom Bündnis „Wuppertal wehrt sich“. Schon heute fordert die Kürzungspolitik Opfer: Ab diesem Sommer darf die Stadtverwaltung keine neuen Auszubildenden einstellen. Verboten hat es die Bezirksregierung. Ihr ist ein Kürzungshaushalt wichtiger als die berufliche Zukunft junger Menschen.

Unter Ausbildungsverboten leiden auch große Städte im Ruhrgebiet. Oberhausen, wo bereits vier von sieben Schwimmbädern geschlossen wurden, hat jetzt dagegen bei der Bezirksregierung Klage eingereicht. “Die Stadt muss sich dem Spardiktat widersetzen und eigenständig ausbilden“, fordert Dirk Paasch, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Oberhausener Rathaus. Auch die Beschäftigten der lokalen Stadtverwaltung kritisieren, der Sparkurs habe „mehr Schaden als Nutzen gebracht“.

Die finanzielle Not der Städte ist nicht nur ein Phänomen des Ruhrgebiets. In der thüringischen Stadt Eisenach werden seit Jahren marode Straßen und Bürgersteige kaum noch repariert, verfallen Schulen, verkommen Brücken. Nun will die Stadt in den nächsten vier Jahren ihre Ausgaben um weitere sechs Millionen Euro kürzen. Nützen wird es der Stadt kaum etwas: Den Einsparungen steht für denselben Zeitraum ein Fehlbetrag von 20 Millionen Euro gegenüber.


Im sachsen-anhaltischen Dessau-Roßlau gefährdet eine 13,5-Millionen-Euro-Streichliste Stadtteilbibliotheken, Museen, Sportstätten und das Hallenbad. Auch über die Schließung des traditionsreichen Anhaltischen Theaters wird diskutiert. Hunderte Arbeitsplätze sind bedroht. Schon wird über betriebsbedingte Kündigungen gemunkelt.


Abwenden können die Kommunen den finanziellen Kollaps nicht allein: Der Bund weist ihnen immer neue Aufgaben zu, aber eigene Steuern dürfen sie kaum erheben. Retten könnte sie nur ein Kurswechsel der Bundesregierung in der Steuerpolitik. „Allein mit einer Millionärssteuer, die Privatvermögen von mehr als einer Million Euro mit fünf Prozent besteuert, könnte der Bund 80 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen“, rechnet Dirk Paasch vor. Für seine Stadt Oberhausen fielen gemäß ihrem Bevölkerungsanteil bis zu 100 Millionen Euro jährlich ab. Damit könnte sich die Stadt alle unsozialen „Sparmaßnahmen“ sparen.