Frauen werden begehrt? In einflussreichen Positionen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft jedenfalls nicht, dort sind Frauen noch immer wesentlich seltener anzutreffen als Männer. Allzu gern werden sie von den meinungsBILDenden Medien auf Rollen als »Blondine im Bundestag« oder – im Gegenentwurf – als unfeminine Technokratin reduziert.
Von diesem nicht mal einseitigen, sondern verzerrten Bild der Frau, das auf diese Weise in weiten Teilen der Öffentlichkeit gezeichnet wird, sollten wir uns nicht beeindrucken und schon gar nicht leiten lassen. Meine Erfahrung aus mehr als anderthalb Jahrzehnten öffentlichen Politikmachens ist: Auf Dauer zählen auch in der Politik vor allem Kompetenz, Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit. Diese – eigentlich ganz »geschlechtslosen« – Eigenschaften gereichen jeder Politikerin und jedem Politiker nicht nur zur Ehre, sondern zahlen sich auch aus.
Natürlich wird man als Politikerin immer an den gängigen Vorstellungen von Weiblichkeit gemessen – ob wir das wollen oder nicht. Gefragt ist ein souveräner, selbstbewusster Umgang damit. Hier ist nicht in erster Linie die Frage gemeint, ob das Business-Kostüm besser passt als ein Kleid oder ein Hosenanzug. Man muss sich auch nicht in Lederkleidung aufs Motorrad setzen, um politisch bekannt zu werden. Das ist auch nicht notwendig, denn dies ist das falsche Schlachtfeld. Wie bei Männern kommt es bei Frauen vor allem darauf an, was im Kopf drin und nicht, was drauf ist und vielleicht noch, in welcher Farbe.
Sicher interessiert in einer Zeit, in der auch Politik mehr und mehr personalisiert wird, auch der Mensch – nicht »die Frau« – hinter der Politikerin. Wie viel da jede oder jeder von sich preisgibt, muss jede und jeder letztlich selbst entscheiden. Klar ist dabei allerdings: Was einmal gesendet und gedruckt ist, kann auch frau nicht mehr zurückholen.
Und was heute passend und angemessen scheint, kann später in anderen Zusammenhängen durchaus peinlich oder lächerlich wirken. Wer schließlich glaubt, die Medienwelt ganz clever mit ihren eigenen Waffen schlagen zu können, irrt in den meisten Fällen.
Statt die »Nette« und »Pflegeleichte« zu geben, sollten wir uns öfter mal vordrängeln, die Männer in ihren gewohnten Kreisen stören und nicht erst dann das Wort in der Pressekonferenz oder in der Talkshow ergreifen, wenn wir höflicherweise mal drangenommen werden. Wenn Politiker Stroh dreschen, ist das bei einer Frau übrigens genauso langweilig wie bei einem Mann.
Dr. Dagmar Enkelmann

Kompetent, verlässlich, glaubwürdig
erschienen in Querblick,
Ausgabe 6,