Erinnern wir uns: Die Bahn schnüffelte? 173 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Ein Textildiscounter spitzelt hinter den Mitarbeitern her, ob sie vielleicht verschuldet sind; denn dann dürfen sie nicht hinter der Kasse sitzen. In vielen Unternehmen kommt ans Tageslicht, dass Mails mitgelesen werden, Telefonate abgehört und Gewerkschafter bespitzelt werden. Der Lebensmitteldiscounter Lidl ging noch weiter: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in den Umkleidekabinen mit Videokameras überwacht. Googeln ist ein beliebter Sport geworden – auch bei Arbeitgebern im Ausspähen ihrer Beschäftigten. Das ist offensichtlich die Regel und nicht die Ausnahme.
Seit 1986 wird ein Gesetz zum Schutz der Daten von Beschäftigten gefordert; passiert ist bis vor wenigen Tagen nichts. Zweck eines solchen Gesetzes muss es sein, Beschäftigte vor der Verletzung ihres verfassungsmäßig garantierten informationellen Selbstbestimmungsrechts zu schützen. Das bedeutet, dass jeder Mensch grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen hat.
Vorfälle wie bei Lidl, Schlecker, Siemens, der Deutschen Bahn und der Telekom machen deutlich, dass es einer gesetzlichen Regelung dringend bedarf. Eine solche Regelung kann jedoch Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht aufheben. Sie kann deren Folgen aber abmildern, wenn für Arbeitgeber und Beschäftigte klare und möglichst verständliche Vereinbarungen getroffen werden. Ein Rechtsrahmen schafft Sicherheit für die Betroffenen im Arbeitsalltag.
Die Zunahme von prekärer Beschäftigung in den letzten Jahren hat zudem zu größerer Abhängigkeit und sehr viel weniger Mitbestimmung geführt. In Zeiten der Krise wächst die Angst der Beschäftigten vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes. Häufig werden unter diesem Druck willkürliche Unternehmenspraktiken hingenommen. Deshalb braucht es ein Gesetz, das transparent ist, in dem klare Rechte und Verfahren formuliert werden. Einen konsequenten Beschäftigten-Datenschutz strebt die Regierung trotz aller Skandale immer noch nicht an.
Statt eines Gesetzes soll es jetzt nur ein Kapitel im Bundesdatenschutzgesetz, bei dem sowieso niemand durchblickt, geben. Die Korruptionsbekämpfung dient als willkommener Vorwand, um viele Datenschutzbestimmungen auszuhebeln.
DIE LINKE fordert deshalb ein Gesetz, das für alle gilt, die in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt sind, für Telearbeiter und -arbeiterinnen genauso wie für Auszubildende und Praktikantinnen und Praktikanten; das die Zwecke der Datenerfassung vor deren Erhebung und Speicherung unveränderlich festlegt; das sensible Daten wie zur physischen und psychischen Gesundheit besonders schützt und die Verwendung biometrischer Daten auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt; das Bewerberdaten besonders schützt und deren Löschung bei Nichteinstellung vorschreibt; das die Überwachung von Internet und anderen Kommunikationsmitteln beschränkt sowie die Verwendung von sogenannten Keyloggern und Screenshots (Fernüberwachung aller Computeraktivitäten und Bildschirmkopien) zur Kontrolle individueller Aktivitäten verbietet; gegen Videoüberwachung bei der Arbeit; das die betrieblichen Datenschutzbeauftragten stärkt und die Rolle von Betriebs- und Personalräten datenschutzrechtlich regelt. Dieses Arbeitnehmerdatenschutzgesetz wäre transparent. In ihm sind klare Rechte und Verfahren formuliert. Es bringt jeder und jedem Einzelnen im Betrieb ein Mehr an Demokratie und vor allem ein Mehr an Selbst- und Mitbestimmung.