Warum Unis schon Kirchen und Kinosäle als Vorlesungssäle anmieten müssen, darüber spricht Nicole Gohlke.
Die alten Abschlüsse Magister und Diplom wurden abgeschafft: Was hat sich mit dem Bachelor/Master-System geändert?
Nicole Gohlke: Das Studium wurde in zwei Etappen geteilt. Zum Elitestudium Master sollen nur noch ein Viertel der Studierenden zugelassen werden. Das ist eine enorme Bildungskürzung. Auch der Studienalltag hat sich verändert. Es gibt einen unglaublichen Leistungsdruck. Zudem sind Studium und Studi-Job kaum noch zu vereinbaren. Dabei sind viele dringend auf das Geld angewiesen.
Wieso neben dem Studium arbeiten? Ist Studieren in Deutschland nicht verhältnismäßig günstig?
Im Vergleich zu England schon, da zahlen Studentinnen und Studenten bis zu 15000 Euro im Jahr. Aber Deutschland war in den letzten Jahren auf dem Weg dorthin, vielerorts wurden Studiengebühren eingeführt. Erst die großen Bildungsproteste haben diese Entwicklung gestoppt. Nur noch in Niedersachsen und Bayern gibt es Studiengebühren. Das sind großartige Erfolge.
Dieses Jahr haben in Bayern und Niedersachsen zwei Jahrgänge gleichzeitig ihr Abitur gemacht, Wehr- und Zivildienst wurden aufgehoben. Sind die Hochschulen für diesen Ansturm an Studierenden gewappnet?
Überhaupt nicht. Mehrere 100.000 Bewerber werden nach unseren Schätzungen keinen Studienplatz bekommen. Und wer einen Studienplatz ergattert, wird schlechte Bedingungen vorfinden. Hochschulen mieten Kirchen und Kinosäle an, um ihre Vorlesungen abhalten zu können. In den letzten 15 Jahren sind trotz steigender Studierendenzahlen 1500 Professorinnen- und Professorenstellen abgebaut worden.
Was muss aus Sicht der Fraktion DIE LINKE passieren, damit sich die Situation an den deutschen Hochschulen verbessert?
Der vorerst wichtigste Schritt ist ein Antrag auf ein Bundeshochschulzulassungsgesetz, den wir auf den Weg gebracht haben. Wir wollen mehr Studienplätze schaffen und Zulassungsbeschränkungen abschaffen. Bildung muss gebührenfrei sein und Kinder aus einkommensschwachen Familien müssen individuell gefördert werden. DIE LINKE bringt diese Themen auf die Agenda der Ausschüsse im Bundestag.
Nicole Gohlke ist hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE