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Vorbeugen ist besser als Heilen

erschienen in Querblick, Ausgabe 3,

Präventionsgesetz nicht weiter auf die lange Bank schieben

Viele Krankheiten würden bei einer gesunden Lebensweise nicht so häufig auftreten oder einen leichteren Verlauf nehmen. Das reicht vom lädierten Rücken durch Bewegungsmangel über Diabetes infolge falscher Ernährung bis hin zum Krebs, ausgelöst durch das Rauchen. Natürlich trägt jede und jeder selbst Verantwortung für sich. Zugleich handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe ersten Ranges. Dabei ?reichen Appelle und Aufklärung nicht aus. Um Verhalten dauerhaft zu ändern, müssen vor allem die gesellschaftlichen Bedingungen für ein gesundes Leben verbessert und die Ursachen der Gesundheitsrisiken angegangen werden.

In vielen Städten und Dörfern sind vor allem Frauen seit Jahren engagiert, um über Modellprojekte Gesundheitsförderung und Vorbeugung im täglichen Leben zu verankern. Und seit Jahren arbeiten Fachleute aus Wissenschaft und Politik an Strategien. Jetzt müssen endlich Nägel mit Köpfen her.

Im Jahr 2005 hatten Union und SPD vereinbart, die Prävention über ein Gesetz verbindlich zu machen. Doch statt die Sache anzupacken, wurde zuerst die unsoziale Gesundheitsreform durchgezogen. Nun kommt die Novellierung der Pflegeversicherung. Erst danach folgt das Präventionsgesetz – vielleicht aber auch nicht.

Diese Befürchtung bekam Nahrung durch den jüngst vorgestellten nationalen Aktionsplan »Ernährung und Bewegung – Schlüssel für mehr Lebensqualität«. Das ist ein Plan, der sich selbst in seiner Reichweite begrenzt: Gesicherte Forschungsergebnisse haben als grundlegendes Gesundheitsziel den Dreiklang von gesunder Ernährung, mehr Bewegung und mentaler Gesundheit identifiziert. Erfahrungen zum Beispiel aus Finnland bestätigen diesen Ansatz. Dort gibt es seit 1972 ein Gesetz für die Volksgesundheit. Bei dessen Umsetzung spielen die Frauen eine besondere Rolle. Sie, so erfuhr ich bei einer Reise, litten unter der Alkoholsucht der Männer, blieben früh als Witwen zurück, und sie bestimmen schließlich zumeist, was auf den Tisch kommt.

Jedenfalls erreichte Finnland mit viel weniger Mitteln als Deutschland die gleiche Erhöhung der Lebenserwartung. Geld für Gesundheitsförderung und Prävention ist gut eingesetztes Geld, denn es spart Milliarden. Gegenwärtig werden für die gesundheitliche Versorgung jährlich ?145 Milliarden Euro verwandt. Das in der vorigen Wahlperiode gescheiterte Präventionsgesetz ?sollte ganze 250 Millionen Euro bündeln. Das ist viel zu wenig. Ich plädiere dafür, auch die Verursacher von Gesundheitsbedrohungen zur Kasse zu bitten. Wenn die Tabakindustrie für Werbemaßnahmen jährlich 180 Millionen Euro ausgibt, zeigt das die Spielräume.

Dr. Martina Bunge, MdB, Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. für ost-deutsche Rentenüberleitung