Keine Hermes-Bürgschaft für das unsichere brasilianische Atomkraftwerk!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich bin froh, dass sich die Oppositionsparteien vehement gegen das Vorhaben der Bundesregierung wehren, die deutschen SteuerzahlerInnen mit einer 1,3 Milliarden teuren Hermes-Bürgschaft für ein unsicheres, ja gefährliches, Atomkraftwerk in Brasilien zu belasten. Auch wenn mir ein Oppositionsantrag – und das geht jetzt in Richtung der SPD - „mit vereinten Kräften“ noch deutlich lieber gewesen wäre.
Der von den GRÜNEN und uns vorgelegte Antrag zeigt die wichtigsten Gefahren, die der AKW-Neubau mit sich bringen würde. Zu den ohnehin bekannten Risiken von Atomkraftwerken kommen hier die folgenden Probleme noch dazu: Das Atomkraftwerk liegt direkt am Meer und birgt damit die gleichen Risiken wie etwa in Fukushima. Gutachter sind zu dem Schluss gekommen, dass bei einer Überschwemmung ähnlich katastrophale Folgen zu befürchten sind, wie wir sie letztes Jahr in Japan erleben mussten. Der Standort liegt in unmittelbarer Nähe zur 170.000 Einwohner-Stadt Angra dos Reis und nur 150 Kilometer von der 12 Millionen Metropole Rio de Janeiro entfernt. Der geplante Reaktor entspricht noch nicht mal dem schon völlig veralteten Sicherheitsdesign des AKW Grafenrheinfeld, das vor über dreißig Jahren ans Netz ging und laut letztjährigem Atomkompromiss im Jahr 2015 endlich abgeschaltet werden soll.
Soweit, so ungut.
Was die Bundesregierung hier jedoch tut ist mehr als die Hinnahme eines etwas riskanten, aber sonst lukrativen Geschäfts. Jetzt zeigt sich, was hinter dem vermeintlichen Atomausstieg der Regierung Merkel steckt:
Hier im eigenen Land tut sie um der Wählergunst willen so, als wäre Fukushima die Zäsur gewesen, nach der Deutschland sich gegen die nukleare Energieerzeugung entschieden hat. Dabei wird weiterhin noch die gefährlichste Atomtechnologie einfach woanders hin exportiert.
Die Bundesregierung hat weitere Bürgschaften für Atomanlagen und Zubehör erteilt. Zulieferungen für Atomkraftwerke in China, Japan, Südkorea, Litauen, Slowenien und Russland wurden verbürgt. Alle mindestens in zweistelliger Millionenhöhe. Auch die Urananreicherungsanlage in Gronau produziert weiter Kernbrennstoffe für AKWs weltweit.
Da kann man wirklich nur noch fragen: „Sieht so ihr Atomausstieg aus, Frau Merkel?“
Dabei wissen wir allerspätestens seit Tschernobyl: radioaktive Strahlung kennt keine Grenzen. Da nützt es gar nichts, sie außer Landes zu schaffen.
Sehen wir uns aber doch mal den Konzern AREVA an, der hinter dem Bau von ANGRA3 steckt. Dieser hat nicht nur mit der Firma Tepco und damit an dem havarierten Atomkraftwerk Fukushima zusammengearbeitet. Areva baut auch in Mali, Südafrika, Niger und Namibia und anderen Ländern Uran und andere Rohstoffe ab. Vor Ort bedeutet dies katastrophale ökologische Folgen, gegen die sich zum Glück zunehmend Widerstand formiert. Areva organisiert zudem die Atommülltransporte aus La Hague nach Gorleben.
Und sogar am kleinen Standort Erlangen, der das Atomkraftwerk ANGRA3 umsetzen soll, regt sich Protest. Die Bürgerinnen und Bürger dort sammelten selbst Geld, um das Sponsoring einer Kulturveranstaltung durch AREVA zu vermeiden.
Wer die Energiewende will, lässt sich nicht auf ein heikles Geschäft mit dem größten Atomkonzern der Welt ein, der überall - von Japan über Afrika, Deutschland und Brasilien die Bevölkerungen auf die Barrikaden bringt.
Der Umgang mit der Hermes Bürgschaft für ANGRA3 zeigt deutlich: Das Manöver der Bundesregierung ist kein wirklicher Ausstieg aus der Atomkraft. Der Protest muss deswegen weitergehen. Wir, DIE LINKE im Bundestag, haben uns von Beginn gegen den Vorschlag ausgesprochen, den die Bundesregierung als Atomausstieg präsentiert hat. Denn er ist weder unverzüglich und unumkehrbar noch bedeutet er einen umfassenden Abschied von der Atomwirtschaft.
Wir wollen den Atomausstieg. Und zwar ganz. Wenn Sie ihn auch wollen, Frau Merkel, vergeben Sie keine Hermes-Bürgschaft für ANGRA3. Vergeben Sie gar keine Bürgschaften für Atomtechnologien mehr. Noch kann gehandelt werden.
Neben dieser extrem gefährlichen Technologie unterstützt die Bundesregierung aber auch den Export von anderen tödlichen Waren. Daher bin ich im Übrigen der Meinung, dass Deutschland keine Waffen mehr exportieren sollte.