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Ankündigungsminister Weimer liefert nicht!

Rede von David Schliesing,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Montag wurde eine große Studie zur Lage von Kunstakteurinnen und -akteuren vorgestellt. Sie zeigt wieder einmal: Die soziale Situation vieler Künstler/-innen ist katastrophal. 90 Prozent der befragten bildenden Künstler/-innen erzielen demnach ein jährliches Arbeitseinkommen von weniger als 20 000 Euro. Anders gesagt, Rekordumsätze stehen systematisch prekären Arbeitsbedingungen und einer fortschreitenden Erosion der kulturellen Basis gegenüber. Während bei Mega-Events Umsätze explodieren, leiden freie Initiativen und kleine Kulturträger unter Sparzwängen und sinkenden Besucherzahlen.

Das alles ist nichts Neues. Der Kulturbereich ist chronisch unterfinanziert. In praktisch allen Teilen wird die Situation dramatischer. Daran ändert leider auch der erfreuliche, aber viel zu geringe Mittelaufwuchs um 215 Millionen Euro nichts, da er fast ausschließlich einer Branche, nämlich dem Film, zugutekommt. In anderen Bereichen wird gekürzt. Ich nenne beispielhaft den Festivalförderfonds, den die Koalition auf nur 2 Millionen Euro halbiert. Insgesamt kürzen Union und SPD bei den Förderfonds gleich 6 Millionen Euro. Und über allem kreist ständig das Damoklesschwert einer völlig verfehlten Kürzungspolitik – oder es schlägt eben zu.

(Beifall bei der Linken)

Und es wird 2027 keinen Deut besser. Im Gegenteil: Wohin die Reise geht, erahnt man, wenn man sich den neugeschaffenen Titel „Innovation“ bei den Bundeskulturfonds genauer ansieht. Mit den dort eingestellten Mitteln sollen Kulturprojekte beraten werden, wie sie künftig mit noch weniger Mitteln auskommen sollen. Herr Weimer, gehört Ihr neuer Avatar als eine neue eigene Sparmaßnahme dazu?

Dieser Haushalt ist eine Enttäuschung. Er passt aber zu Ihnen, Herr Weimer, als Ankündigungsminister. Sie fordern gelegentlich für einen Konservativen ungewöhnliche, weil richtige Dinge wie die Zerschlagung von Google oder die Einführung eines „Plattform-Solis“ für Techkonzerne, liefern dann aber leider nicht.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Beispiel: Der Kulturbereich wurde nun doch nicht ins Sondervermögen aufgenommen – und dies, obwohl der Investitionsstau allein bei Sanierungs- und Bauprojekten in den Kommunen und im Bund und im Bund mindestens 5 Milliarden Euro beträgt. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann sind die jetzt bewilligten Projekte erst in 22 Jahren an der Reihe, wenn andernorts alles auseinanderfällt. Es gab mit dem Sondervermögen eine einmalige Chance, und die haben Sie gestrichen.

(Beifall bei der Linken)

Inhaltlich ist der Haushalt zudem ein Rückschritt. Die Kürzung bei der Aufarbeitung des Kolonialismus um 75 Prozent ist eine Ansage. Sie passt aber dazu, dass im Entwurf für die Neufassung der Gedenkstättenkonzeption der Kolonialismus mit keinem Wort mehr erwähnt wird.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Der Kommunismus dafür!)

Ich hoffe, dass sich dazu in den nächsten Wochen Widerstand regen wird.

Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Kultur endlich als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden muss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken – Christian Görke [Die Linke]: Sehr richtig! Ganz meine Meinung!)