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Aufrüstung und Steuergeschenke für Superreiche: Ein Haushalt zum Vergessen

Rede von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Merz, im April haben Sie ja gesagt, dass die Stimmung im Land im Sommer besser sein muss. Wir sind uns wahrscheinlich alle einig an der Stelle: Das hat nicht so gut geklappt. Im Gegenteil: Mit der Stimmung geht es genauso steil bergab wie mit den Zufriedenheitswerten für Ihre Regierung. Wenn der eine oder die andere nachts wach liegt und sich fragt: „Warum ist das denn so?“, dann habe ich einen Tipp: Werfen Sie einfach mal einen Blick in den Haushalt, den Sie uns vorgelegt haben, und machen Sie mal eine Liste, auf der steht, was genau das Leben der Menschen verbessert! Ich schätze, es geht Ihnen da wie mir: Diese Liste bleibt leer.

(Beifall bei der Linken)

Schauen wir mal zurück auf die ersten Monate dieser Regierung: Was waren denn die großen Maßnahmen in dieser Zeit? Grenzenlose Investitionen für die Rüstung, gleichzeitig wird im Haushalt bei ziviler Konfliktlösung massiv gekürzt. Minister Klingbeil, Sie haben gestern gesagt: Alle wollen, dass die Bagger rollen. – Das Einzige, was bei Ihrem Haushalt rollt, sind die Panzer.

(Beifall bei der Linken)

Wenn Sie hier die ganze Zeit von Sicherheit reden – das war ja das Hauptthema Ihrer Rede, Herr Merz –, dann reden Sie doch bitte auch endlich mal angemessen von sozialer Sicherheit; denn egal wo: Es ist nie Geld da – wir müssen ja aufrüsten. Bildung, Klimaschutz, Gesundheit: alles nicht mehr drin – aber Milliarden an Steuergeschenken für Großkonzerne. Dafür reicht es dann doch noch. Und die größte Frechheit ist: Das wollen Sie uns dann – wirklich? – als wirtschaftspolitische Maßnahme verkaufen.

Steuergeschenke führen aber nicht zu Investitionen, sie führen zu noch fetteren Konten von Multimillionären und Milliardären. Von unten nach oben zu verteilen, ist die falsche Richtung. Das passiert schon automatisch, da ist schon viel zu viel. Verteilen Sie doch endlich mal von oben nach unten! Da ist der Bedarf. Das ist Ihre Aufgabe. Dafür sind wir hier.

(Beifall bei der Linken)

Stattdessen arbeiten Sie sich seit Monaten am Bürgergeld ab – jetzt auch wieder. Das war mal die Lösung für all Ihre Haushaltsprobleme. Da kann man richtig sparen, haben Sie gesagt. Es ging los mit 30 Milliarden Euro, dann waren es 10 Milliarden Euro, dann waren es 10 Prozent – also 5 Milliarden Euro –, dann doch wieder mehr, dann doch nur 3 Milliarden Euro. Jetzt mal ehrlich: Würfelt da bei der Union in der Parteizentrale jeden Morgen jemand, damit Sie eine neue Zahl in die Presse bringen können? Also, das hat ja mit Logik überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der Linken)

Ehrlicherweise geht es doch bei dieser Debatte am Ende nur darum, Menschen gegeneinander auszuspielen. Sie wollen davon ablenken, dass Ihre Politik die Situation für die Mehrheit im Land nicht besser, sondern sogar schlechter macht. Sie wollen Sündenböcke statt Lösungen.

(Beifall bei der Linken)

Wissen Sie, deswegen bin ich so froh, dass es eine gestärkte Linksfraktion hier im Parlament und eine gestärkte Linke im Land gibt: weil wir Sie mit diesen Scheinargumenten und Täuschungen nicht durchkommen lassen, weil jetzt alle begriffen haben, dass es nie darum ging, den Haushalt auszugleichen. Selbst Sie geben mittlerweile zu, dass es total absurd ist, mit Kürzungen beim Bürgergeld den Haushalt zu sanieren. Genauso absurd ist es aber, wenn Sie mir jetzt schon wieder erklären wollen, beim Bürgergeld zu kürzen, habe was mit Gerechtigkeit zu tun. Deswegen noch mal – ein letztes Mal –:

Erstens. Jemand, der arbeitet, hat immer mehr als jemand, der Bürgergeld bezieht.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])

Das ist nicht nur gesetzlich vorgegeben, das ist vielfach belegt.

(Beifall bei der Linken)

Hören Sie auf, ständig Lügen zu verbreiten, dass es nicht so sei! Denn auch für Menschen mit niedrigem Einkommen gibt es Unterstützungsangebote wie Wohngeld oder Kinderzuschlag. Sorgen Sie doch lieber mal dafür, dass die Menschen diese Ansprüche auch geltend machen!

(Beifall bei der Linken)

Zweitens – das werde ich nie verstehen –: Wenn Sie den Menschen im Bürgergeld noch weniger geben, dann hat niemand da draußen auch nur einen Cent mehr im Portemonnaie. Wenn Sie wollen, dass es den Menschen wirklich besser geht, dann sorgen Sie für einen armutsfesten Mindestlohn, entlasten Sie mit einer Einkommensteuerreform, reduzieren Sie, wie angekündigt, die Stromsteuer für alle, führen Sie ein Klimageld ein, streichen Sie die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel! Machen Sie irgendetwas anderes,

(Beifall bei der Linken)

als immer nur zu sagen: Hey, ja, wir sehen, es geht dir schlecht; aber keine Sorge, wir sorgen dafür, dass es jemand anderem noch schlechter geht. – Was ist das denn für eine zynische, widerliche Politik, die Sie da machen?

(Beifall bei der Linken)

Was Sie da als Gerechtigkeit verkaufen wollen, ist nichts anderes als Armenhass. Sie sagen: Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt. – Wer ist denn dieses ominöse „Wir“? Der Familienvater, der den dritten Job annehmen muss, damit die Familie weiter ein Dach über dem Kopf hat? Die Rentnerin, die mit 70 noch an der Kasse steht, weil es sonst nicht fürs Essen reicht? Das Kind, das hungrig in der Schule sitzt, weil am Ende des Monats einfach nichts mehr im Kühlschrank war? Das ist doch die Lebensrealität in diesem Land. Wer hat denn da über seine Verhältnisse gelebt?

(Beifall bei der Linken)

Ja, mir fallen auch ein paar Leute ein, zum Beispiel die über 800 000 Privatiers, die von ihrem Vermögen leben, ohne je zu arbeiten. Das Vermögen der reichsten 3 900 Menschen in diesem Land ist erneut um 16 Prozent gestiegen. 16 Prozent, das sind über 400 Milliarden Euro. Das ist fast so viel Geld, wie im Haushalt ist; das ist Wahnsinn. Einfach so, leistungslos! Aber diese Leute meinen Sie ja gar nicht, wenn Sie davon reden, dass man über die Verhältnisse gelebt hat. Dabei wäre es echte Gerechtigkeit, die endlich fair an der Finanzierung unseres Gemeinwesens zu beteiligen.

(Beifall bei der Linken)

Ja, Sie haben recht: Deutschland ist ein Hochsteuerland für Arbeit. Vermögen wird aber kaum besteuert, und Erbschaften gleich gar nicht, wenn sie hoch genug sind. Wenn das selbst unser Neugenosse Jens Spahn erkennt

(Heiterkeit bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und sich genötigt fühlt, die Ungleichheit bei den Vermögen anzumahnen, dann muss es wirklich verdammt schlimm sein in diesem Land.

(Beifall bei der Linken)

Aber wir freuen uns auf jeden Fall, dass wir zu dieser Erkenntnis beitragen konnten.

Würden Sie wirklich was an den ungerechten Verhältnissen ändern wollen, dann würden Sie nicht darüber reden, 100 Prozent Sanktionen beim Bürgergeld einzuführen – die gibt es nämlich schon, und das ist das eigentliche Problem –, sondern dann würden Sie die Vermögensteuer reaktivieren, die Lücken bei der Erbschaftsteuer schließen, Steuerbetrug konsequent verfolgen und Tarifflucht ebenfalls. Das wäre der richtige Weg.

(Beifall bei der Linken)

Ich habe mich ja gestern gefreut, dass Minister Klingbeil uns seine kluge Analyse vorgestellt hat, dass es um die Arbeitsplätze geht. Ja, Mensch, Gefahr erkannt, Gefahr gebannt: Es gibt zwei Gipfeltreffen im Kanzleramt. Aber egal ob es um Stahl oder um Autos geht, die Konzepte liegen doch auf dem Tisch, erarbeitet mit den Beschäftigten. Genau darum muss es gehen; denn die wollen den langfristigen Erfolg ihrer Unternehmen statt nur schnelle Gewinne wie die Konzernbosse, mit denen Sie dann wieder Schnittchen essen. Wenn Sie sich nicht in die Betriebe trauen – ich habe da ein paar Leute in meiner Fraktion, die helfen Ihnen gerne, gute Ideen zu entwickeln und umzusetzen.

(Beifall bei der Linken)

Mehr Mitbestimmung in den Betrieben würde genauso helfen wie massive Investitionen, und zwar mit klaren Vorgaben und verlässlichen Rahmenbedingungen; genau daran fehlt es aber seit Jahren. Ich möchte Ihnen deswegen einmal deutlich machen, warum sinnvolle Investitionen so eine gute Wirkung entfalten können, und zwar am Beispiel des sozialen Wohnungsbaus. Dass die Mieten explodieren, das sollte mittlerweile jeder und jede begriffen haben. Aber stellen wir uns doch einfach mal vor, Sie würden hier richtig Geld in die Hand nehmen. Was würde denn dann passieren?

Erstens. Die Baubranche, die gerade wirklich strauchelt, würde sich wieder berappeln. Die könnte sogar mehr Menschen einstellen, die dann keine Sozialleistungen mehr beziehen, sondern Sozialabgaben und Steuern zahlen.

Zweitens. Diese Menschen würden auf dem Weg zur Arbeit beispielsweise den Bäcker unterstützen, und das Bauunternehmen kann sich neue Maschinen leisten und würde damit die Auftragsbücher von anderen Unternehmen füllen. Das heißt, da geht richtig was los.

Drittens. Ganz nebenbei würde auch noch bezahlbarer Wohnraum entstehen, und Menschen könnten einen Teil ihres hart verdienten Geldes für etwas anderes ausgeben als für das Grundrecht auf Wohnen. Das wäre durchdacht und nachhaltig und kein „Wir senken mal eben den Großkonzernen die Steuern und gucken dann, was passiert“-Roulette.

(Beifall bei der Linken)

Herr Merz, ich stimme Ihnen an einer Stelle ganz dezidiert zu – keine Sorge, Sie müssen kein Parteiausschlussverfahren befürchten; es ist nicht viel –: Wir sollten nicht über die Machtlosigkeit der Politik klagen. Denn Politik hat Macht. Politik hat Macht, Weichen zu stellen für eine gerechte Gesellschaft. Es bringt nichts, alles schlechtzureden. Niemand braucht hier im Bundestag Hassprediger/-innen, die die ganze Zeit ihre Verschwörungstheorien verbreiten und den Leuten nichts anzubieten haben außer Hass und Verachtung.

(Beifall bei der Linken)

Aber um genau gegen diese Hassprediger angehen zu können, braucht es eine Politik, die an der Seite der Menschen steht, und darauf müssen wir leider immer noch warten. Denn es muss natürlich darum gehen, dass die Mehrheit mehr hat, dass das Leben der Menschen besser wird. Wir brauchen endlich eine Reform der Einkommensteuer. Gerade mittlere Einkommen werden massiv belastet. Mit unserem Konzept – wir können es Ihnen gerne rüberschicken – hätten alle, die bis zu 7 000 Euro im Monat verdienen, am Ende des Monats mehr in der Tasche. Die würden wir entlasten und Einkommen, die darüber liegen, moderat belasten. Damit schaffen wir sogar Milliarden für den Haushalt. Also egal wie Sie es drehen und wenden, das ist richtig gut für unser Land.

Gleichzeitig brauchen wir einen armutsfesten Mindestlohn. Alle, die dagegen sind: Erklären Sie mir doch bitte endlich mal, warum jemand, der in Vollzeit arbeitet, trotzdem in Armut leben soll! Sie erzählen doch immer was von Leistung. Ich verrate Ihnen noch was: Menschen mit niedrigen Einkommen oder die, die Sozialleistungen beziehen, tragen jeden zusätzlichen Euro in die Geschäfte. Die kaufen endlich mal genug Essen, die sitzen nicht mehr im Kalten, die tauschen veraltete Elektrogeräte aus. Das kurbelt die Binnenwirtschaft an. Und um da ganz sicherzugehen: Das ist gut. Das brauchen wir.

(Beifall bei der Linken)

Wenn ich dann immer wieder höre: „Wir können uns den Sozialstaat nicht leisten“: Hören Sie endlich auf, mit absoluten Zahlen zu argumentieren! Ja, die steigen, genauso wie das BIP und der Haushalt auch. Aber im Verhältnis steigen die Ausgaben eben nicht, trotz aller Krisen, und nur im Verhältnis ist ein Vergleich überhaupt möglich. Manche von ihnen stehen vielleicht wirklich vor diesen großen Zahlen und denken sich: Boah, ist das viel. – Aber die meisten von Ihnen wissen doch ganz genau, dass Sie hier mit voller Absicht ein falsches Bild zeichnen, weil Sie einfach nicht zugeben wollen, dass wir uns die Sozialsysteme zwar leisten können, die Ungerechtigkeit darin aber nicht. Genau das ist das Problem.

(Beifall bei der Linken)

Sie haben gesagt, es braucht Reformen im Gesundheitssystem. Das Problem ist, Herr Merz, wenn Sie das sagen, kriege ich schon Panik, weil das wie eine Drohung klingt. Wir sehen ja: Die Beiträge steigen, die Leistungen werden gestrichen, Krankenhäuser schließen, Pflegekräfte brechen reihenweise zusammen, weil sie auf ihrem Rücken dieses ganze kaputte System tragen. Genau deswegen darf es in diesem System keinen Profit geben. Krankenhäuser müssen rekommunalisiert werden, und wir brauchen endlich eine Bürgerinnen- und Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, und zwar eine, die Beiträge für alle Einkommensarten erhebt, ohne Beitragsbemessungsgrenzen.

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ja, da müssen die Reichen ran. Aber wissen Sie was? Dann könnten wir die Beiträge für die Mehrheit sogar senken. Sinkende Beiträge, das wäre möglich, wenn alle mitmachen.

Ähnlich sieht es in der Rente aus. Es ist doch niemandem zu erklären, dass genau diese Pflegekraft, die den Laden überhaupt am Laufen hält, auf ihr gesamtes Gehalt Beiträge bezahlt, aber der CEO ihres Klinikkonzerns einfach mal nicht. Also alle Erwerbstätigen rein in die gesetzliche Rente – ja, auch Abgeordnete –, Beitragsbemessungsgrenzen verdoppeln, hohe Renten abflachen und das Rentenniveau auf 53 Prozent erhöhen!

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das sind die Reformen, die wir brauchen, und nicht nur eine Aktivrente. Das können Sie gerne machen, das bringt nur am Ende nichts oder zumindest nicht genug. Das wären sinnvolle Reformen, das hätte den Namen „Herbst der Reformen verdient. Aber was bei Ihnen ansteht, ist nichts anderes als ein Herbst der sozialen Grausamkeiten. Das werden wir nicht hinnehmen.

(Beifall bei der Linken)

Zum Abschluss will ich alle noch mal daran erinnern, dass in diesem Land Millionen Kinder in Armut leben.

(Zuruf von der AfD: Oh!)

– Ich höre schon das Stöhnen hier; ist ja interessant. – Dann sagen immer alle: Unerträglich! – Ja, es ist unerträglich, beim Schulessen danebenzusitzen. Es ist unerträglich, wenn man nichts mit Freundinnen und Freunden unternehmen kann. Und es ist unerträglich, zu sehen, wie die eigenen Eltern alles versuchen, damit das Kind nicht diese Armut spürt, und es am Ende doch nicht gelingt. Kinder sollten sich keine Gedanken machen müssen, wie sie ihre Eltern schützen können, damit sie sich keine Sorgen machen. Kinder sollten sich keine Gedanken machen, ob sie am Ende des Monats noch ein Dach über dem Kopf haben. Kinder haben das Recht, einfach Kinder zu sein. Genau deswegen ist es so unerträglich, dass wir seit Amtsantritt der neuen Regierung nicht ein Mal über eine echte Kindergrundsicherung geredet haben.

(Beifall bei der Linken)

Die würde übrigens 25 Milliarden Euro im Jahr kosten, sagen Gewerkschaften und Sozialverbände. Die Folgekosten von Kinderarmut liegen bei 100 Milliarden Euro. Also, wenn Sie diese Schicksale nicht überzeugen, dann überzeugt Sie vielleicht dieses einfache Rechenbeispiel. Das wäre auch volkswirtschaftlich sinnvoll. Es ist zwar traurig, dass ich auf dieses Argument zurückgreifen muss, aber vielleicht bewegt sich dann doch ein bisschen was.

Auch bei den Kitas sieht es übrigens weiterhin sehr düster aus. Es fehlen Hunderttausende Plätze und Fachkräfte. Gerade Kinder aus Familien mit wenig Geld leiden darunter; der Paritätische hat es gerade wieder nachgewiesen. Aber wir haben hier auch wirklich kein Erkenntnisdefizit, oder? Schon in den ersten Lebensjahren wird Ungleichheit zementiert. Frühkindliche Bildung? Chancengleichheit? Fehlanzeige.

Viele Frauen würden wirklich gerne mehr arbeiten, aber sie können nicht, weil es keine passende Betreuung für ihre Kinder gibt. Hier wäre ein solches Potenzial von Fachkräften, ein solches Potenzial für Gleichstellung; aber nichts davon findet auch nur im Ansatz Erwähnung.

Und sonst so bei der Jugend? Sie haben sie ja kurz erwähnt. Ich habe mich schon gefreut, aber dann kam ja nicht viel. Jeder Dritte hat psychische Probleme. Es fehlt an Jugendarbeit, Beratungsstellen, Therapieplätzen. Eine Krise jagt die nächste, und das Einzige, was man von Ihnen hört, ist „Wehrdienst“ oder „Pflichtjahr“. Ich glaube übrigens auch, ein Jahr in einem sozialen Bereich würde ziemlich vielen guttun, vor allem den Regierungsmitgliedern und den Abgeordneten hier, die das alles sonst nur vom Hörensagen kennen.

(Beifall bei der Linken)

Deswegen: Schauen Sie doch gerne mal länger als nur für ein Pressefoto bei der Jugendhilfe – ich lade Sie gerne ein –, bei einer Obdachlosenunterkunft oder bei den Tafeln vorbei!

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das machen wir bei uns vor Ort schon selbst!)

Sehen Sie den Leuten ins Gesicht, und sagen Sie denen, dass sie über ihre Verhältnisse leben! Wenn Sie das dann nicht übers Herz bringen, weil Sie noch einen Rest Anstand haben,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Unglaublich!)

dann können wir beim nächsten Haushalt vielleicht doch noch was retten.

(Beifall bei der Linken)

Frau Dröge, ich kann Ihnen versichern: Meine Partei steht solidarisch an der Seite der Ukraine,

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

auch wenn unsere Wege unterschiedlich sein mögen. Aber es wäre dann an der Stelle auch richtig gewesen, dafür zu kämpfen, dass Geflüchtete weiterhin im Bürgergeld bleiben; denn es ist eine Frechheit, dass sie ins Asylbewerberleistungsgesetz abgeschoben werden sollen.

(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist unsere Solidarität. Unsere Solidarität heißt Diplomatie und Aufnahme von Deserteuren.

Aber wenn Sie über die Ukraine reden – und das tun Sie vollkommen zu Recht –, dann dürfen Sie über Gaza nicht schweigen.

(Beifall bei der Linken)

Mit Blick auf das, was gerade in den letzten Stunden passiert ist, die Offensive aus Israel, muss ich Ihnen deutlich sagen: All eyes on Gaza! Sie dürfen sich nicht mehr den Sanktionen versperren. Zu dem, was da passiert, darf hier niemand mehr schweigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)