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Bezahlkarte für Geflüchtete: Entrechtung und Bürokratiemonster

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich bemerkenswert, welche Vorurteile gegenüber Geflüchteten hier schon wieder vorgebracht wurden. Als würden die Menschen nichts anderes machen, als den ganzen Tag Geld an Schleuser zu überweisen! Dies ist falsch und irreführend.

(Beifall bei der Linken – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Hat auch niemand behauptet!)

Stattdessen muss die Realität Ausgangspunkt unseres politischen Handelns sein. Die Menschen, um die es hier geht, erhalten so wenig Geld, dass es unter dem Existenzminimum liegt. Deshalb ist die Idee, dass große Geldbeträge ins Ausland transferiert werden, doch komplett absurd.

(Beifall bei der Linken – Dr. Gesine Lötzsch [Die Linke]: Richtig!)

Auch der Chefökonom der Weltbank sieht das so.

Warum die Bezahlkarte weder Bürokratie abbauen noch für Rechtssicherheit sorgen wird, sondern einfach nur als Mittel der Entrechtung von Geflüchteten dient, werde ich anhand von drei Beispielen deutlich machen.

Erstens. Die Bezahlkarte schafft, anders als hier behauptet, keinerlei Rechtssicherheit. Im Gegenteil: Wahrscheinlich werden die Ämter bzw. spätestens die Sozialgerichte bei offenkundigen Defiziten im Einzelfall nachbessern müssen. Expertinnen haben in der Anhörung am Montag davor gewarnt, dass es eine Klagewelle geben wird.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das war nicht der Tenor!)

Auch Pro Asyl kritisiert, dass hier am Ende vermutlich ein Flickenteppich von Regelungen geschaffen wird.

(Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])

Zweitens. Die Bezahlkarte schafft keinerlei Entlastung für Kommunen. Im Gegenteil: Sie schaffen damit ein Bürokratiemonster.

(Beifall bei der Linken)

Die Kommunen müssen nämlich vor der Einführung der Karte genau prüfen, welche Bedarfe gedeckt werden können und für welche Bedarfe sie anliefern müssen. Und das heißt, sie müssen mehr arbeiten, bevor sie die Bezahlkarte überhaupt einführen. Es ist außerdem gar nicht klar, ob in jeder Gemeinde ausreichend Händler die Bezahlkarte akzeptieren.

Profitieren werden hingegen die Anbieter der Bezahlkarte. Da geht es um Geschäfte in Millionenhöhe auf dem Rücken der Schutzsuchenden, und das ist aus unserer Sicht skandalös.

(Beifall bei der Linken)

Drittens. Es gab diese Woche eine Anhörung zur Bezahlkarte im Bundestag. Alle Wissenschaftler haben betont, dass Sozialleistungen nicht entscheidend sind, warum Menschen nach Deutschland kommen. Stattdessen sind es die Fluchtursachen, auf die wir schauen müssen.

(Abg. Muhanad Al-Halak [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Haben Sie schon mal die Bilder aus Gaza gesehen oder die Situation im Sudan, aus dem alleine 8 Millionen Menschen vertrieben worden sind? Krieg und seine Ursachen sind die Gründe, warum Menschen fliehen, nicht die mickrigen Sozialleistungen in Deutschland.

(Beifall bei der Linken – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Und warum kommen die dann hauptsächlich nach Deutschland?)

Statt einer Bezahlkarte brauchen wir ein Basiskonto, mit dem es möglich ist, nach Bedarf Geld abzuheben, mit Karte zu bezahlen oder Überweisungen zu tätigen, wie ganz normale Menschen auch.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: So wie in Hannover!)

Doch Sie wollen geflüchtete Menschen kontrollieren und einschränken, was sie kaufen und wo sie es kaufen.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Stimmt!)

Nein, danke. Das wird nicht hilfreich sein.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Ich will den Punkt aber noch mal deutlich machen: Sie wollen kontrollieren, wo die Menschen kaufen und was sie kaufen. Dadurch wird eine Residenzpflicht durch die Hintertür eingeführt, und auch das kritisieren wir als Linke.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Im Verfahren! Im Verfahren!)

Es ist furchtbar, zu sehen, wie Sie sich aus Furcht vor der AfD zu solchen Entscheidungen treiben lassen, anstatt hier Rückgrat zu zeigen – und das geht auch an die Adresse der Grünen –, anstatt Partei zu ergreifen für Menschen, die auf unsere Unterstützung tatsächlich angewiesen sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Gott, wie kann man so verblendet sein! Meine Güte!)