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Bundesregierung digitalisiert im Schneckentempo

Rede von Sascha Wagner,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung hat die Welt verändert, und das rasend schnell. Und was tut Deutschland? Wir sind in der Steinzeit stecken geblieben. Wir bewegen uns maximal im digitalen Schneckentempo.

Während die Bundesregierung vollmundig von „Aufbruch“, „digitaler Verwaltung“ und „Staatsmodernisierung“ spricht, erleben die Bürgerinnen und Bürger im Alltag das genaue Gegenteil: das Ausfüllen endloser Papierformulare – möglichst in dreifacher Ausführung –, überlastete Behörden und digitale Angebote, die in der Regel weder nutzerfreundlich noch barrierefrei sind.

Die sogenannte Digitalstrategie der Bundesregierung bleibt ein Flickenteppich: ohne verbindliche Ziele, ohne klare Prioritäten und ohne ausreichende Finanzierung. Projekte versanden, Zuständigkeiten sind unklar verteilt, und selbst die im Onlinezugangsgesetz vorgesehenen Leistungen sind bis heute nur teilweise umgesetzt. Die Wahrheit ist: Bürgerinnen und Bürger verlieren Zeit, Nerven und Vertrauen.

Wir brauchen nur nach Estland zu schauen, um zu sehen, wie es besser geht: 99 Prozent der öffentlichen Dienstleistungen sind dort online verfügbar – ob Steuererklärung, Arztbesuch oder Unternehmensgründung. Das spart den Menschen nicht nur Zeit, sondern dem Staat auch enorme Kosten. Estland investiert konsequent in Cybersicherheit, digitale Bildung und offene Standards. Während in Deutschland das Faxgerät oftmals noch zum Verwaltungsalltag gehört,

(Zuruf der Abg. Ronja Kemmer [CDU/CSU])

kann man in Tallinn in wenigen Minuten eine Firma gründen – digital, rechtssicher, unkompliziert.

Und wenn Sie es schon nicht hinbekommen, eine eigene praxistaugliche Digitalisierungsstrategie zu entwerfen, dann schreiben Sie doch wenigstens bei den Ländern ab, die es besser können.

(Beifall bei der Linken)

Hören Sie auf, sich im Klein-Klein zu verlieren und an den Ecken und Kanten einer vermeintlichen Digitalstrategie herumzudoktern! Packen Sie die offensichtlichen Probleme endlich an, und stellen Sie die Funktionsfähigkeit unseres Landes wieder her!

(Beifall bei der Linken)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland darf nicht länger das digitale Schlusslicht Europas bleiben. Wir müssen endlich vorankommen. Wir brauchen eine digitale Verwaltung, die den Menschen in den Vordergrund stellt. Datenschutz, Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit müssen höchste Priorität genießen. Wir brauchen eine konsequente Entlastung der Bürger und Beschäftigten. Verwaltungsprozesse müssen vom Nutzer aus gedacht werden, nicht vom Behördenschreibtisch. Wir brauchen schnelle Investitionen in die digitale Infrastruktur. Statt halbherziger Ankündigungen braucht es Glasfaser und 5G überall, auch in ländlichen Räumen – und zwar jetzt.

(Beifall bei der Linken)

Wir müssen Sorge dafür tragen, dass alle Generationen von der Digitalisierung profitieren. Ältere Generationen dürfen dabei nicht abgehängt werden. Deshalb braucht es eine digitale Bildungsoffensive für alle Generationen. Digitalisierung ist mehr als Technik; sie bedeutet Teilhabe und Zukunftsfähigkeit. Transparenz, Bürgerbeteiligung und einfache Zugänge sind Elemente einer gelebten Demokratie. Deshalb müssen sie die Leitlinien staatlichen Handelns sein.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die Digitalisierung darf nicht länger ein Symbol für Bürokratiechaos und Stillstand sein. Wenn Sie unser Land gerechter, transparenter und zukunftsfähiger machen wollen, nutzen Sie dieses Instrument! Digitalisierung ist kein Luxus, sie ist eine demokratische Notwendigkeit.

(Beifall bei der Linken)

Und da es jetzt schon zum Dauerbrenner wird: Herr Minister, ich kann Ihnen sagen: Das eine Druckerproblem ist gelöst, der andere Drucker ist nach über einem halben Jahr im Bundestag aber immer noch nicht da. Also, Sie haben noch richtig viel zu tun. Bei der nächsten Rede werfe ich das Thema erneut auf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Armand Zorn [SPD])