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Doris Achelwilm: Adoptionshilfegesetz muss das Wohl aller Kinder beachten

Archiv Linksfraktion - Rede von Doris Achelwilm,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf zur besseren Unterstützung von Familien bei Adoptionsverfahren. An vieles Wichtige wurde gedacht, zum Beispiel daran, dass das im Mittelpunkt stehende Kind je nach Entwicklungsstand stärker informiert und beteiligt werden soll. Auch die Herkunftseltern und Adoptivfamilien des Kindes sollen durch umfassende Beratungsprozesse – wir haben es gehört – intensiver berücksichtigt und begleitet werden, und das ist gut.

An vieles, was wichtig ist, wurde aber auch noch nicht gedacht. Da wäre zum einen das Geld. Die praktische Umsetzung neuer Beratungsrechte und ‑pflichten liegt wesentlich bei den Adoptionsvermittlungsstellen. Die sollen für den erneuerten Katalog an zusätzlichen Aufgaben gut 3 Millionen Euro mehr für Personal erhalten. Das klingt vielleicht nach ein bisschen was, bedeutet in der Praxis aber nur etwa 70 zusätzliche Vollzeitfachkräfte bundesweit. Hier braucht es mehr Mittel, wenn der Aufwand für die breitere Aufstellung nicht zulasten der Länder oder des Beratungspersonals gehen soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum spezielleren Problem, das bereits angeklungen ist – und das ist tatsächlich ein grundlegendes Gerechtigkeitsproblem –: Das Adoptionshilfe-Gesetz benachteiligt bestimmte Elternkonstellationen, weil es sie nicht mitdenkt, und zwar Familien mit zwei lesbischen Müttern. Selbst wenn Kinder in diese Regenbogenfamilien hineingeboren wurden, gibt es keine gleichwertigen Rechte für die beiden weiblichen Elternteile. Für ihre gemeinsame Elternschaft müssen sie, von der Heirat ganz abgesehen, den monatelangen Umweg der Stiefkindadoption gehen und diese durch aufreibende Verfahren beglaubigen lassen. Andernfalls hat die nichtgebärende Mutter, wenn der leiblichen Mutter etwas zustößt, keine Rechte, und ihr Kind gilt im Fall der Fälle als Vollwaise, obwohl es das gar nicht ist. Der Lesben- und Schwulenverband bringt diese gravierende Benachteiligung auf den Punkt und sagt: Lesbische Mütter sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen. – Es ist ein Unding.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass mit dem sogenannten Adoptionshilfe-Gesetz für lesbische Elternpaare nun noch eine verpflichtende Beratung obendrauf kommt, weil das für Stiefkindadoptionen eben so vorgesehen ist, stellt eine zusätzliche Auflage für Zwei-Mütter-Familien dar, und das, obwohl sie gar keine Stieffamilien sind. Dicker Fehler, sicher nicht im Sinne des Kindeswohls, bitte ändern!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn vielfältige Familienkonstellationen längst gesellschaftliche Realität sind, müssen die Rechte für Familien jenseits traditioneller Normen schneller mitwachsen. Die Ehe für alle ist seit zweieinhalb Jahren da, hat aber noch echte Lücken, wie sich auch hier wieder zeigt. Allen Betroffenen, den Verbänden, die gegen die Situation der diskriminierenden Stiefkindadoption kämpfen und Lösungsvorschläge aufzeigen, wie zum Beispiel den Ackermanns, müssen wir gerecht werden. Dafür muss das Abstammungsrecht grundlegend reformiert werden. Solange das nicht passiert und Regenbogenfamilien nicht gleichgestellt sind, muss das Adoptionshilfe-Gesetz zumindest so gestaltet werden, dass es keine weiteren Hürden für bereits benachteiligte Eltern schafft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)