Zum Hauptinhalt springen

Doris Achelwilm: Geschlechterverhältnisse in Krise: Es muss für Frauen nach vorn gehen statt zurück

Archiv Linksfraktion - Rede von Doris Achelwilm,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gleichstellungspolitik des Bundes ist in dieser Wahlperiode wieder äußerst bescheiden und blockiert. Das zeigt sich in der Coronakrise deutlicher als vorher schon. Aus allen Lebenslagen wird uns berichtet, was es bedeutet, dass die GroKo sich nicht reinhängt, frauenspezifische Nachteile und Extralasten abzustellen. Sichtbar wird dieser Unwille anhand von Krisenstäben und Hilfspaketen, die mit einer Selbstverständlichkeit an Frauen vorbeigebaut werden, dass es 2020 kaum zu fassen ist.

Aktuell streitet sich die GroKo um ein neues Führungspositionengesetz, damit die Privatwirtschaft zumindest Einzelfrauen in Vorstände lässt. Das ist so was von zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich nur hoffe: Verkäuferinnen und Pflegekräfte sind bald aus dem gröbsten Krisendruck heraus und machen richtig Alarm.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Als Linke grüßen wir selbstverständlich alle, die heute und in diesen Tagen gegen den Pflegenotstand auf die Straße gehen. Wir sind hier an eurer Seite! Denn ja, es ist unbegreiflich, dass Pflegekräfte weiter auf die überfällige Aufwertung warten und obendrein als Notfallregelung das Arbeitszeitgesetz ausgehebelt wurde, damit der Laden auf ihre Kosten läuft. Wenn CSU und Wirtschaftsflügel der CDU sogar noch wollen, dass es aus Profitgründen gleich dabei bleibt, hätten sie sich beim Applaus für die systemrelevant Tätigen letztens lieber enthalten sollen. So geht es überhaupt nicht!

(Beifall bei der LINKEN)

Anders als zur Finanzkrise 2008 sind aktuell zum Beispiel mit der Gastronomie, dem Tourismus oder dem Kulturbereich maßgeblich Branchen mit hohem Frauenanteil von Lohneinbußen und auch Jobverlust betroffen, darunter Geringverdienende – aus bestimmten Gründen ebenfalls eher Frauen –, über deren Umstände hier viel zu wenig gesprochen wird. Es ist auch nicht hinnehmbar, dass Frauen selbstverständlich die Hauptlasten zu Hause tragen – zuletzt sehr deutlich beim Homeschooling –, dass viele durch steuerliche Fehlanreize wie dem Ehegattensplitting und anderen Maßnahmen und Rückständigkeiten zurückstecken. Es ist höchste Zeit, bei all diesen Maßnahmen darzulegen, wie sie sich geschlechterspezifisch und vor allem geschlechtergerecht auswirken. Das hat bislang bei der Krisenbewältigung komplett gefehlt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Klar: „Frauen sind aber noch immer mitgedacht“, heißt es dann, und es gibt ja noch 300 Euro Kinderbonus, der allerdings bei Alleinerziehenden mit dem Kindesunterhalt verrechnet wird, sodass nur noch 150 Euro bleiben. Und klar, auch Männer übernehmen inzwischen Familienaufgaben. Dass aber all das gegen patriarchale Windmühlen nicht reicht, sehen wir spätestens bei der Masse an Armutsrentnern, die vor allem weiblich sind. Wenn jetzt kein Umsteuern passiert, nehmen diese Gerechtigkeitslücken zu. Das ist nicht akzeptabel! Es muss nach vorne gehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wie Gleichstellung funktioniert, ist bekannt, in unserem Antrag auch nachzulesen. Es gibt reichlich Strategisches zu tun, zum Beispiel höhere Mindestlöhne und Kurzarbeitergelder, Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, Aufwertung unterbezahlter Sorgeberufe, Umverteilung von Ressourcen wie Geld und Zeit.

Setzen Sie sich endlich für Geschlechtergerechtigkeit ein!

(Beifall bei der LINKEN)