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Doris Achelwilm: Jugendmedienschutz muss zeitgemäß sein

Archiv Linksfraktion - Rede von Doris Achelwilm,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder und Jugendliche müssen Medien altersgemäß nutzen können, auch und gerade im Internet. Dabei sind sie vor Gewalt, Glücksspiel, Pornografie und Cybermobbing zu schützen. Um den Rahmen dafür abzustecken und zu regeln, gibt es den Jugendschutz. In seiner Fassung von 2002 – wir haben es gehört – hinkt das Jugendschutzgesetz den Entwicklungen klar hinterher und muss tatsächlich erneuert werden. So deutlich dieser Wunsch, so anspruchsvoll ist die Umsetzung jetzt, weil wir es selbstverständlich nicht nur mit lokalen Anbietern zu tun haben und auch nicht nur mit indizierbaren Inhalten, die einfach durch Filter abzustellen wären.

Bei allen technischen Abwägungen und Machbarkeiten hinsichtlich der Frage, wie wir Kinder auf verschiedensten Plattformen schützen können, zeigt sich hier seit Jahren auch ein kompetenzrechtlicher Problembereich. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ist eine nachgeordnete Dienststelle des Familienministeriums und dafür zuständig, Schriften, Ton- und Bildträger in Sachen Jugendgefährdung einzustufen. Für Filme, Computerspiele und Plattformen wie YouTube hingegen sind medienrechtlich die Länder zuständig, also Landesmedienanstalten, die unabhängig von den Regierungen arbeiten. Diese staatsfernen Ebenen in ihrer Kontrollfunktion und Expertise zurückzusetzen, kann aus unserer Sicht nicht der Weg sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Es stimmt, dass zwischen Bund und Ländern Parallelstrukturen entstanden sind, die Absurdes zutage fördern, wie etwa, dass ein und derselbe Film als DVD – Zuständigkeit: Bund – eine andere Alterseinstufung als das entsprechende Video im Netz – Zuständigkeit: Länder – aufweist. Das sehr beliebte Game „Fortnite“ hatte zwischenzeitlich drei verschiedene Altersempfehlungen gleichzeitig. Derlei Unstimmigkeiten müssen geklärt werden. Aber der Vorschlag der Bundesregierung, kurzerhand Länderkompetenzen zu einer weisungsgebundenen Behörde des Familienministeriums zu schieben, würde so ein Problem nicht lösen, sondern neue Probleme schaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach Stand des Gesetzentwurfes entstehen weitere Doppelstrukturen, weil es zum Beispiel für den Bereich der Internetplattformen dann zwei Zuständige gibt, zum einen nach dem Jugendschutzgesetz bei der jetzigen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und zum anderen nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag bei den Landesmedienanstalten und der Kommission für Jugendmedienschutz. Unter solchen Voraussetzungen haben wir vermutlich nicht mehr Sicherheit für Kinder und Jugendliche, sondern mehr Kompetenzblockaden und Verunsicherung; und genau das gilt es doch zu vermeiden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt viel Kritik daran, dass die bei den Ländern angesiedelte Aufsicht über Onlinemedien nun an eine Behörde des Familienministeriums gehen soll. Diese Kritik ist sehr ernst zu nehmen, weil es hier um die Regulierung von Inhalten geht. Medienpolitisch ist es zentral, dass so eine Aufsicht und Einwirkung nicht regierungsseitig erfolgt. Der Entwurf aus dem Hause Giffey widerspricht diesem Prinzip. Auch der Bundesrat hat eine grundlegende Überarbeitung gefordert, der wir uns nicht verschließen sollten. Von daher ist es gut, dass die Ausschussarbeit noch vor uns liegt und hoffentlich die richtigen Ideen zusammenbringt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)