Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Demokratinnen und Demokraten! Sehr geehrte Gäste auf den Tribünen und vor den Monitoren! Heute wird Plenarzeit mal wieder mit einem Antrag der AfD verschwendet, den kein Mensch braucht.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Geben Sie doch Ihre Rede zu Protokoll!)
Vorgelegt wurde dieses Papier vor gerade einmal drei Tagen, und zwar nicht, um akute Themen auf die Tagesordnung hier zu setzen, sondern um einen Aktionsplan der EU-Kommission zurückzuweisen, der Ende 2018 verabschiedet wurde. Er behandelt Desinformationen, also – wir haben es hier gehört – täuschende Einflussnahme im Internet, zum Beispiel vor Wahlen, und was dagegen zu tun ist. Warum die AfD 15 Monate braucht, um gegen diesen Aktionsplan ganze drei Zeilen Beschlussvorschlag zu formulieren, man weiß es nicht.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guten Morgen!)
Ohnehin sagt dieses Antragsmachwerk eigentlich nur etwas über die einfach nur selbstbezogene Funktionsweise der AfD aus und darüber, wie wenig man die AfD für irgendetwas Sinnvolles brauchen kann. Inhaltlich scheint diese Drucksache aus der Wichtigtuerfeder von rechten Fake-News-Bloggern und den medienpolitischen Superspezialisten der AfD zu stammen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Und den Russen!)
Im Mittelpunkt stehen verschwörungstheoretische Standardsätze über – ich zitiere – staatlich gelenkte Medien, die „zu einem reinen Propaganda- und Diskreditierungsinstrument der europäischen Regierungen“ würden. Nach dieser Logik wird ausgerechnet der Rechercheverbund von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“, der zum Beispiel Maßgebliches über die Panama Papers aufgedeckt hat, als staatshörig hingestellt.
(Thomas Ehrhorn [AfD]: Ja! Ganz genau!)
Und das vor der letzten Europawahl erschienene Video des Youtubers Rezo wird messerscharf als „konzertierte Kampagne“ aller „Qualitätsmedien“ analysiert,
(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist wahr!)
Substanz und Wahrheitsgehalt unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Benjamin Strasser [FDP])
Ganz hinten im Antrag finden sich noch seltsame Ausführungen, unter anderem zum Brexit, zur Bundeskanzlerin, zur Euro-Rettung. Ich kann vom Lesen dieses Antrags wirklich nur abraten. Das hilft überhaupt nicht weiter.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der AfD: Dann hören Sie auf, dazu zu reden!)
Am Aktionsplan der EU-Kommission gegen Desinformation kann man tatsächlich einiges kritisieren, aber eben anderes. Dieser Verhaltenskodex basiert auf freiwilligen Berichten von Internetmonopolen wie Facebook, Google, Twitter, die sich in Sachen Netzverantwortung loben, obwohl sie zu wenig zielführende Selbstregulierungsmaßnahmen vorgelegt haben.
(Beifall bei der LINKEN)
Als Linksfraktion fordern wir, tatsächlich anzufangen, rechtsradikale Fake-News-Fabriken trockenzulegen.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Legen Sie dann auch Indymedia Linksunten trocken?)
Dazu müssen die Plattformen wirksamer verpflichtet werden. Dazu müssen auch Strafverfolgungsbehörden gegen Hasskriminalität von Nazis aktiver vorgehen. Dringend in die Wege zu leiten ist: mehr Qualifizierung bei der Justiz, mehr geschultes Personal im öffentlichen Dienst, mehr Medienbildung an Schulen, mehr Absicherung und bessere Arbeitsbedingungen für guten, faktenbasierten Journalismus.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir sind in diesen Zeiten wirklich verschärft darauf angewiesen, dass wir uns auf Wesentliches und auf Faktisches konzentrieren, dass wir uns auf Medien und auf Berichte verlassen können. Gehen Sie der AfD mit ihrer Antimedien-, Antiinformations-, Antitatsachenkampagne also aus dem Weg; es gibt gerade wirklich Dringenderes zu tun.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)