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Doris Achelwilm: Schluss mit Pseudotherapien!

Archiv Linksfraktion - Rede von Doris Achelwilm,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was es alles an perfiden sogenannten Heilungsangeboten gegen homo- und transsexuelle Menschen gibt, ist für viele, die von einer offenen Gesellschaft ausgehen, kaum vorstellbar. Aber diese Parallelwelt findet global und in allen Bundesländern statt, so wie überhaupt Gewalt gegen Lesben, Schwule, trans- oder intergeschlechtliche Menschen stattfindet. Die Grenzen zwischen gesellschaftlichem Anpassungsdruck und hanebüchener Pseudotherapie sind durchaus fließend.

Es macht mich fassungslos, dass ausgerechnet Anbieter von Freibetungen, Exorzismen, abstrusen Coachings, Elektroschocktherapien, Lichttherapien usw. sich erstens anmaßen, über andere zu richten und sie normal machen zu wollen, und zweitens dabei bis heute weitgehend in Ruhe und straffrei gelassen werden.

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Queer zu sein, ist genauso wenig eine Krankheit, wie hetero zu sein. Autoritätspersonen und Institutionen, die Schutzbefohlenen oder ratsuchenden Menschen eine homo- bzw. eine transfeindliche Haltung aufzwingen, gehören gestoppt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist überfällig, dass es nach umfassender Beratung in der von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld eingerichteten Kommission nun ein Gesetz zum Schutz vor solchen Konversionsmaßnahmen gibt. Am Ende der notwendigen Schritte und Möglichkeiten sind wir damit aber noch nicht angekommen.

Aus unserer Sicht und der vieler Expertinnen und Experten müsste dieses Gesetz deutlich konsequenter sein. Das Schutzalter mit 18 Jahren enden zu lassen, greift zu kurz, weil sich Jugendliche mit Erreichen der Volljährigkeit nicht immer in der unabhängigen Position befinden, sich von Einflussnahmen sorgeberechtigter oder religiöser Bezugspersonen abgrenzen zu können.

Auch dass Eltern aus der Verantwortung genommen werden, wenn sie Konversionsmaßnahmen empfehlen oder vermitteln, ist nicht nachzuvollziehen. Wir haben im Ausschuss die Streichung des entsprechenden Passus beantragt. Dem wurde leider nicht entsprochen, obwohl sogar der Bundesrat in seinen Empfehlungen auf diesen Punkt hingewiesen hat: Konversionsmaßnahmen sind immer schädlich. Das gilt auch und besonders, wenn Eltern sie initiieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung auf die Forderung reagiert hat, das Werbeverbot für Konversionsmaßnahmen grundsätzlicher zu fassen. Falsch finden wir, dass unser Änderungsantrag abgelehnt wurde, Vereinen und Körperschaften, die trotz Werbeverbots Konversionsversuche betreiben, die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Es bleibt also bei vielen Leerstellen und offenen Enden. Als Linke werden wir uns weiter dafür einsetzen und einsetzen müssen, dass genau hingesehen wird, welche Wirkung das Gesetz entfaltet und wo stärker angesetzt werden muss, damit queere Menschen nicht länger beschädigt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen sind wir als Linke der Auffassung, dass der 8. Mai zum Feiertag erklärt und hier im Bundestag, 75 Jahre nach der Befreiung vom Nazifaschismus, debattiert werden sollte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)