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Eine Gefahr für die Demokratie!

Archiv Linksfraktion - Rede von Jan van Aken,

Zu den fatalen Prioritäten im Etat des Außenministeriums

Herr Mißfelder, Sie sind eine Gefahr für dieses Land. (Beifall bei der LINKEN - Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP - Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein! Der nicht! Da überschätzen Sie ihn!)

Wenn Sie sich hier hinstellen und von „voller Härte“ gegenüber dem Iran sprechen, dann höre ich schon die Panzer rollen. Daran sind Sie mit schuld. Bitte mäßigen Sie sich, oder schweigen Sie stille, wenn es um „volle Härte“ geht!


(Beifall bei der LINKEN - Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Frau Präsidentin, müssen Sie da nicht eingreifen? Das ist ja furchtbar, was er da erzählt! - Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege, da haben Sie jetzt aber wirklich mit Kanonen auf Spatzen geschossen!)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Westerwelle - ist er noch da? - es gibt in Ihrem Etat ein paar Ausgaben, die ich liebend gern einsparen würde, zum Beispiel Rüstungslieferungen an ausländische Armeen. Das muss man sich einmal vorstellen: Sie sind der deutsche Außenminister, sozusagen unser oberster Diplomat, und Sie finanzieren Rüstungslieferungen. Aber an diesen Etat gehen Sie gar nicht heran. Richtig radikal kürzen Sie nur bei den wirklich wichtigen und guten Elementen der Außenpolitik: (Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): Das ist doch wirres Zeug!) bei der Abrüstung, bei der Flüchtlingshilfe, bei den Menschenrechten und bei der friedlichen Lösung von Konflikten.
(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Guckt mal! Der tritt hier ja mit einem T-Shirt auf!)


Hier wird es meiner Meinung nach richtig gefährlich. Denn Frieden fällt nicht einfach so vom Himmel. Man muss etwas dafür tun. Konflikte gibt es immer und überall, im Großen wie im Kleinen. Aber manchmal führen diese Konflikte direkt auf Gewalt und Krieg zu. Es muss doch Ihr wichtigstes Ziel als Außenminister sein, solche Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen, damit sie eben nicht in Gewalt und Krieg enden.


(Beifall bei der LINKEN)


Dafür muss man gar nichts neu erfinden. Was die Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung angeht, gibt es unendlich viele Beispiele aus der Geschichte. Weil Herr Erler heute hier ist, möchte ich ein solches Beispiel nennen, wie das konkret funktionieren kann.
Vor drei Jahren drohte Kenia in einem Bürgerkrieg zu versinken. Es fand eine Wahl statt, bei der sich zwei rivalisierende Parteien gegenüberstanden, diese Wahl ist ganz knapp ausgegangen, es gab Unruhen und viele Hundert Tote; Sie alle erinnern sich an die blutigen Bilder. Kofi Annan ist als Vermittler aufgetreten und hat den damaligen Staatsminister Erler eingeladen, um den beiden Parteien zu erklären, wie eigentlich eine Große Koalition funktioniert, wie zwei Parteien, die sich eigentlich spinnefeind sind -  das waren sich SPD und CDU ja auch einmal, vor langer, langer Zeit  -(Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja! Das ist lange her! - Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): Das waren SPD und Linke auch einmal!) ein gemeinsames Programm entwickeln, eine gemeinsame Regierung bilden und vor allem das ist ja das Wichtigste die Posten verteilen können. Der Einsatz von Herrn Erler hat damals direkt dazu beigetragen, dass die beiden Parteien in Kenia zusammen eine Regierung gebildet haben und dass es nicht zu einem Bürgerkrieg gekommen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt noch viele andere Beispiele, wie Sie mit zivilen Mitteln Gewalt und Kriege rechtzeitig verhindern können. Wie können Sie, Herr Westerwelle, es da wagen, an genau diesem Punkt, bei der zivilen Konfliktbearbeitung, massive Einschnitte vorzunehmen? Im gesamten Haushalt wollen Sie hier 71 Millionen Euro einsparen. Ich sage Ihnen: Wer heute nicht versucht, Konflikte friedlich zu lösen, der organisiert die Kriege von morgen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist einfach nur eine falsche Politik. Wirklich skandalös wird es allerdings da, wo Sie am Bundestag vorbeiregieren und unsere Beschlüsse ignorieren. Sie machen in der Außenpolitik nichts anderes als bei den Geschenken an die Atomindustrie. (Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Ach! Nicht schon wieder! Guten Morgen!) Ich nenne Ihnen zwei Beispiele. Vor zwei Monaten, am 1. Juli, hat der Bundestag Sie einstimmig dazu aufgefordert ich zitiere ,
"… Initiativen zur Verbesserung der humanitären Lage in Gaza mit allem Nachdruck zu unterstützen …"
„Einstimmig“ heißt, sogar Sie selbst, sogar die Kanzlerin haben das mitbeschlossen. In Ihrem Haushalt machen Sie aber genau das Gegenteil. Sie kürzen die Zahlungen für die UN-Hilfe für palästinensische Flüchtlinge um 1,7 Millionen Euro. Hier mit großartigen Gesten erst Hilfe zu versprechen und zwei Monate später das Geld dafür zusammenzustreichen, ist Betrug und Missachtung unserer Beschlüsse hier im Parlament.


(Beifall bei der LINKEN)


Genau das Gleiche machen Sie auch im Hinblick auf den Sudan. Am 25. März dieses Jahres hat der Bundestag Sie wiederum mit Ihren eigenen Stimmen aufgefordert, sich für die Entsendung von mehr Menschenrechtsbeobachtern in den Sudan einzusetzen. Aber jetzt kürzen Sie die Zahlungen für die Menschenrechtsbeobachter der UN um 1,6 Millionen Euro. Das, was Sie, Herr Westerwelle, hier machen, ist eine Gefahr für die Demokratie. Sie regieren Tag für Tag an Volk und Parlament vorbei und führen sich dabei auf wie König Guido der Viertelvorzwölfte. Damit machen Sie auf Dauer die Demokratie in Deutschland kaputt.


(Beifall bei der LINKEN - Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU): Haben Sie auch noch etwas Ernsthaftes zu bieten, oder nicht?)


Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland keine Waffen mehr exportieren sollte. Die Welt braucht nicht mehr Waffen, sondern weniger Waffen. (Beifall bei der LINKEN)
Ihnen müsste eigentlich die Schamesröte ins Gesicht steigen, wenn Sie sich, wie gerade geschehen, hier hinstellen und sagen - ich zitiere Sie: "Abrüstung hat für uns eine ebenso große Bedeutung wie der Klimaschutz." Dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Klimaschutz! Denn die Mittel für Abrüstung streichen Sie radikal um 19 Millionen Euro zusammen. Meine Fraktion und ich finden das einfach nur noch unverschämt.

(Beifall bei der LINKEN)