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Ernährungsstrategie der Bundesregierung ein einziger Fehlgriff

von Ina Latendorf,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Koalition, Sie legen vor inzwischen vier Monaten eine Ernährungsstrategie vor, ohne die Sicht der Bürgerinnen und Bürger zu beachten, die zeitgleich Empfehlungen im Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ erarbeiten. Das ist für mich abgehobene Politik. Da präsentiert die Bundesregierung nach langem Tauziehen eine Ernährungsstrategie, aber es gibt kein Geld für die Umsetzung. Für Imagekampagnen reicht es gerade so, für eine gesunde Mahlzeit für alle nicht.

In der Strategie finden sich kaum Ideen. Greifbare Zeitvorgaben – Fehlanzeige! Bedenken Sie: Für ein Baby, das heute das Licht der Welt erblickt, soll es erst in 26 Jahren in Deutschland möglich sein, sich unabhängig von Herkunft, Bildung und Einkommen gut zu ernähren. Das ist keine Vision, das ist Politik im Schneckentempo.

(Beifall bei der Linken)

Ich bitte Sie! Bis 2050 wollen Sie eine Generation im Stich lassen? Das darf doch nicht sein!

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht da doch gar nicht!)

– Natürlich. 2050 ist die Vision.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen wir fertig sein!)

Lesen Sie nach!

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ich habe es gelesen, bis zur letzten Seite!)

Auf 50 Seiten Ihrer sogenannten Strategie lesen wir eine Auflistung von Prüfaufträgen, Forschungsvorhaben und zeitlich befristeten Projekten.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können das ja in Thüringen schneller machen! Nächste Woche!)

Manche Themen greifen Sie aber gar nicht auf. Die seit Jahren geforderte Mehrwertsteuerreform bei Grundnahrungsmitteln, das Thema „Inflation bei Lebensmittelpreisen“ oder der Betrug durch versteckte Preiserhöhungen mit Mogelpackungen werden gar nicht erwähnt. Aber die Preise haben sehr viel mit Ernährung zu tun. „Was kann ich mir überhaupt leisten?“, fragen sich die Bürger.

Von Juni 2021 bis Januar 2024 stiegen die Lebensmittelpreise um knapp 30 Prozent. Dabei haben einige Unternehmen kräftig zugelangt. So sind zum Beispiel die Preise von Rewe-Eigenmarken von Mai bis Oktober 2022 zum Teil um bis zu 71 Prozent gestiegen. Oft betraf das Grundnahrungsmittel wie Joghurt, Milch oder Mehl. Sie wissen es und lassen die Gewinnmaximierung zu. Unfassbar!

(Beifall bei der Linken)

Die Teuerungen sind für Menschen mit geringem Einkommen und wenigen Ersparnissen problematisch. Sie haben nämlich keinen Puffer für Krisen. Mehr als 3,2 Millionen Menschen in Deutschland sind von Ernährungsarmut betroffen, und die Zahlen steigen. Umso fataler ist es, dass dieses wichtige soziale Thema hier nicht einmal ansatzweise angepackt wird. So verstößt Deutschland gegen das Menschenrecht auf Nahrung.

Die Bekämpfung der Ernährungsarmut ist übrigens genau wie die Bekämpfung der Kinderarmut eine gesamtstaatliche Aufgabe und, wie ich finde, eine Gemeinschaftsaufgabe.

(Beifall bei der Linken)

Wir Linken nehmen das ernst und führen morgen hierzu ein öffentliches Fachgespräch durch. In Ihrer Strategie gibt es aber keine praktischen Ansätze, allen Kindern und Jugendlichen in Schulen und Kitas ein gesundes, kostenfreies Essen zu garantieren, entgegen den Empfehlungen des eigenen Wissenschaftlichen Beirats und – das wissen wir inzwischen – auch entgegen den Empfehlungen des Bürgerrates. Sie haben die fast zwei Jahrzehnte alte Forderung der Linken ignoriert, die wir hier in Anträgen erhoben haben, aber diese muss endlich Realität werden.

(Beifall bei der Linken)

Ampelkoalition und sinnvolle Ernährungspolitik – das sind aktuell offenbar zwei getrennte Räume. Wir Linken fordern Sie auf: Ändern Sie das!

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)