Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Lars Klingbeil, Sie haben uns ja aufgefordert, hier offen und ehrlich zu reden. Ich werde mir große Mühe geben. Ich habe allerdings heute früh in vielen Publikationen gelesen, dass der Bundeskanzler gesagt hat, Sie seien sensibel und man solle Sie nicht kritisieren. Ich finde, eine größere Demütigung für den Koalitionspartner kann es überhaupt nicht geben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Und ich will auch eins versprechen: Ich kann mich nicht daran halten.
Ich will mal die Frage stellen: Was ist denn der Kern Ihres Handelns? Alles wird gut? Ich meine, Sie brechen Ihren eigenen Koalitionsvertrag; der ist noch gar nicht so alt. Ob das die Stromsteuer betrifft, ob das das Deutschlandticket betrifft: alles aufgeschrieben und jetzt schon nicht mehr wahr? Das kann doch wohl nicht wahr sein.
(Beifall bei der Linken)
Ich war immer ein Gegner der Schuldenbremse, immer, auch heute noch. Und ich bin für Investitionen in die Infrastruktur, in den Rechtsstaat, in den sozialen Zusammenhalt, gar keine Frage, aber doch wirklich nicht für grenzenlose Aufrüstung. Aber das ist das, was Sie mit diesem Haushalt machen.
(Beifall bei der Linken)
20 Milliarden Euro mehr! Diese 20 Milliarden Euro entsprechen genau dem Betrag, um den der Verteidigungsetat steigt; das ist die Wahrheit. 82 Milliarden Euro, mit dem Sondervermögen 108,2 Milliarden Euro.
Zum Vergleich: Lars Klingbeil hat gesagt, wir überweisen den Ländern 100 Milliarden Euro. Das stimmt doch einfach nicht! Es sind 8,3 Milliarden Euro in diesem Jahr. Und ich kann Ihnen mal sagen, was das für mein Land Mecklenburg-Vorpommern bedeutet: 160 Millionen Euro im Jahr! Das ist genauso viel wie fünf neue Leopard-2-Panzer, und Sie bestellen sogar 1 000.
(Zuruf von der Linken: Unfassbar!)
Da ist doch irgendwas nicht in Ordnung. Das ist doch Wahnsinn, was Sie da machen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken)
Es gibt nur eines, was bei Ihnen schneller wächst als die Rüstungsausgaben: Das sind die Schulden. Ihre Haushaltslöcher sind keine Löcher wie im Schweizer Käse, da ist nur noch Loch – oder nur noch Käse, wie der eine oder andere sagt. 174 Milliarden Euro neue Schulden! 174 Milliarden! Und das wird die nächsten Jahre nicht weniger. Man muss es immer wieder sagen: Es war der Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der neue Schulden ausgeschlossen hat. Das ist noch nicht so lange her, meine Damen und Herren. Wer Ihnen noch glaubt, der glaubt auch, dass der Wolf dem Schaf nur eine Gutenachtgeschichte erzählt. Das ist doch die Wahrheit.
(Beifall bei der Linken)
Meine Damen und Herren, Sie versuchen jetzt, die Diskussion allein auf die Ausgabenseite zu richten. Der Kanzler selbst sagt, wir können uns den Sozialstaat nicht mehr leisten. Mit dieser Leier führen Sie die Bürgerinnen und Bürger hinter die Fichte. Die Wahrheit ist doch: Die Ausgaben für soziale Sicherung sind, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, niedriger als vor zehn Jahren, niedriger als 2010, niedriger als 2000. Das sage nicht ich, das sagt nicht Die Linke, das sagt das Statistische Bundesamt.
(Beifall bei der Linken)
Meine Damen und Herren, eines ist gesichert wahr: 463 Personen haben in den letzten zehn Jahren 100 Millionen Euro und mehr geschenkt oder vererbt bekommen. Da geht es um 158 Milliarden Euro. Und mehr als die Hälfte von denen hat nicht einen einzigen Cent Erbschaftsteuer gezahlt. Nicht einen einzigen Cent!
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Bundesregierung hat gerade ihren Subventionsbericht veröffentlicht. Laut diesem Bericht ist die teuerste Subvention im Land die Steuervergünstigung für Betriebsvermögen und Konzernanteile im Erb- und Schenkungsfall.
(Beifall bei der Linken – Pascal Meiser [Die Linke]: Hört! Hört!)
Nichts daran ändern möchte die Wirtschaftsministerin. Das ist reichlich daneben, meine Damen und Herren.
Das Problem ist: Wer arbeitet, wird in diesem Land besteuert. Wer Hunderte Millionen oder gar Milliarden Euro geschenkt bekommt, der spart Steuern. Das ist rechtlich erlaubt. Aber ich sage Ihnen: Das ist politisch ein Skandal, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken)
Wer es mit Gerechtigkeit ernst nimmt, der muss diese Schlupflöcher schließen. Wann kommt dazu ein konkreter Vorschlag, Herr Finanzminister? Das wäre wirklich mal eine Maßnahme.
Meine Damen und Herren, ein Drittel der Bevölkerung kann eine unvorhergesehene Ausgabe, zum Beispiel wegen eines kaputten Kühlschranks, nur mit größter Not stemmen. Ein Viertel der Rentnerinnen und Rentner bekommt nach 45 Jahren Arbeit unter 1 300 Euro. Nach 45 Jahren Arbeit! Diese Menschen können weder Ihre Aufrüstungsfantasien finanzieren noch Ihre Haushaltslöcher mit Kürzungen füllen. Deshalb mein konkreter Vorschlag: Besteuern Sie die großen Vermögen nicht mal so, wie Die Linke es vorschlägt, sondern so wie in den Vereinigten Staaten, in Großbritannien oder in Frankreich. Sie würden Mehreinnahmen von 80 bis 120 Milliarden Euro erzielen. Das wäre mal eine Maßnahme.
(Beifall bei der Linken)
Wir brauchen dringend eine Erbschaftsteuerreform, meine Damen und Herren.
Beenden Sie Lohndumping! Beenden Sie Tarifflucht! 7 Milliarden Euro jährlich zahlt der Steuerzahler für Aufstockungen. Das ist doch nicht mehr normal, wenn für die Leute der Lohn zum Leben nicht reicht, und das trotz Arbeit. Das ist und bleibt inakzeptabel.
Meine Damen und Herren, Sie selbst wissen: Ihre gigantischen Haushaltslöcher können Sie weder mit Ihrer Bürgergeldreform, über die Sie immer reden und wozu jeden Tag neue Zahlen kommen, noch mit Wirtschaftswachstum schließen. Sie schaffen es nicht einmal, die Wirtschaft überhaupt anzukurbeln. Denn die Wahrheit ist – hier wird ja immer so ein Fantasieland aufgebaut –: Allein der Maschinenbau verzeichnete in den letzten Monaten einen Produktionsrückgang um 4,5 Prozent. Die Arbeitslosenzahl ist das erste Mal über 3 Millionen; die ist so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Das ist die Wahrheit. Und Sie erzählen hier etwas von einem Fantasieland. Und was droht? Ich will Ihnen mal etwas sagen: Schließen Sie hier im Deutschen Bundestag eine Erhöhung der Mehrwertsteuer aus! Das wäre mal eine klare Aussage.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken)
Schließen Sie auch aus, dass das Renteneintrittsalter erhöht wird! Das wären wirklich wichtige Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, Ihr Schuldendoping setzt die falschen Prioritäten. Ihr Aufrüstungsgigantismus bedroht den Sozialstaat. Ihr Haushalt ist so, wie er vorliegt, nicht ansatzweise zustimmungsfähig. Ich wünsche mir, dass das Selbstbewusstsein der Koalitionäre in den Haushaltsberatungen so steigt,
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
dass es Veränderungen gibt, Veränderungen zum Positiven für die Menschen in diesem Land gibt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

