Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die entscheidende Frage ist doch: „Wer zahlt die Rechnung?“, und diese Frage wurde in dieser Woche nicht beantwortet. Sie dürfen die Wählerinnen und Wähler darüber aber nicht im Unklaren lassen. Herr Scholz, geben Sie uns eine Antwort!
(Beifall bei der LINKEN)
Union, CDU/CSU also, haben es ganz klar gesagt: Sie wollen nach der Wahl die Schuldenbremse anziehen, bis es quietscht. Das heißt nichts anderes als Sozialabbau. Wir als Linke sagen: Das ist der falsche Weg. Wir wollen eine Vermögensabgabe für Milliardäre
(Beifall bei der LINKEN)
und ein gerechtes Steuersystem. Sozialabbau oder Vermögensabgabe, das ist der Unterschied, da können sich die Menschen entscheiden.
Einige hatten zu Beginn der Pandemie die Illusion, dass Corona die Gesellschaft zusammenschweißen würde. Aber leider ist das an vielen Stellen nicht passiert, und die Politik der Bundesregierung hat unser Land weiter gespalten; denn die Hilfen wurden ungerecht verteilt: Milliardäre – Stichwort „Lufthansa“ – wurden gerettet, aber fast 1 Million Niedriglöhner haben ihre Arbeit verloren und fielen durch die sozialen Netze.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Bei Lufthansa arbeiten aber auch eine Menge Menschen!)
Im Bundestag wurde immer wieder das Märchen erzählt – vorhin auch wiederholt von einigen Kollegen –, dass wir uns jetzt nur deshalb so hoch verschulden könnten, weil wir vorher so sparsam waren. Doch umgekehrt wird ein Schuh daraus: Sie haben nämlich mit der schwarzen Null aus dem Investitionsstau eine Investitionskrise gemacht. Das Geld fließt nicht mehr ab, weil die Bundesregierung jahrelang im Kürzungsfieber die Voraussetzungen für Investitionen zerstört hat.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir haben nicht gekürzt, wir haben nur nicht mehr ausgegeben, als wir eingenommen haben!)
Sie haben also mit der schwarzen Null das Land strukturell investitionsunfähig gemacht, und das ist falsch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen jetzt ein ziviles Investitionsprogramm. Wir brauchen zum Beispiel bezahlbare Wohnungen. Doch was macht Herr Seehofer, der sich auch Bauminister nennt? Er gibt das Geld mit vollen Händen für das Baukindergeld aus. Damit entstehen aber keine neuen Wohnungen in den Ballungszentren, dort, wo Wohnungen dringend gebraucht werden. Angesichts der angespannten Mietsituation in vielen Städten ist es überhaupt nicht zu akzeptieren, dass 10 Milliarden Euro vom Bund in das Baukindergeld fließen, sich die Mittel für den sozialen Wohnungsbau in der gesamten Legislatur aber nur auf 5 Milliarden Euro belaufen. Das ist genau die falsche Verteilung, das können wir nicht hinnehmen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Nun sind 10 Milliarden Euro an Investitionen vorgezogen worden. Aber auch das geht in die völlig falsche Richtung. Sie bedienen vor allem die Rüstungsindustrie. Das ist nicht nur der falsche Weg, sondern das verstößt auch gegen die Bundeshaushaltsordnung; denn Rüstungsgüter sind keine Investitionsgüter. Das sollten Sie eigentlich wissen, Herr Finanzminister!
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen in unserem Land aber Investitionen in Wohnungen, Schulen, öffentlichen Nahverkehr und Krankenhäuser. Na ja, wenn es um den Verkehr geht, haben wir ja weniger ein Geldproblem, sondern vor allen Dingen ein Personalproblem. Verkehrsminister Andreas Scheuer – ich hoffe, er hat inzwischen ausschlafen können nach der langen Nacht – gibt schon gerne Geld aus, doch das endet in der Regel im Desaster. Aber vielleicht sollten wir ihn noch ein bisschen verteidigen; denn er war nie mehr als der Sekretär eines CSU-Vorsitzenden, ein treuer Parteisoldat,
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Hört man aus dem Osten!)
der die Maut durchsetzen sollte, koste es, was es wolle.
Wenn CDU und CSU Söder zum Kanzlerkandidaten machen sollten, dann wäre die Maut nicht das letzte Desaster in unserem Land, und das muss verhindert werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Zurück zu den sinnvollen Investitionen. Wir wollen den armen Kommunen wieder das Investieren ermöglichen. Das spielte heute auch schon eine Rolle in der Debatte. Dazu müssen wir sie aus der Schuldenfalle holen.
(Beifall bei der LINKEN)
Arme Kommunen müssen endlich von den Altschulden befreit werden. Ursprünglich, Herr Scholz, wollten Sie die Hälfte der Altschulden besonders klammer Kommunen übernehmen; das wären 20 Milliarden Euro gewesen. Doch Sie konnten sich bei Ihrem Koalitionspartner nicht durchsetzen. Das gleiche Problem haben Sie offensichtlich auch bei der Finanztransaktionsteuer, die uns schon seit 2008 versprochen wird; auch hier konnten Sie sich nicht durchsetzen, und das ist schade.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, zum 1. Januar 2021 fällt der Soli für 90 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler weg – meist Steuerzahler; denn so hohe Einkommen haben meist Männer. Die 10 Prozent Topverdiener müssen ihn jedoch teilweise oder voll weiterzahlen. Das ist der Union ein Dorn im Auge. Herr Scholz, Sie glauben augenscheinlich, dass die Union mit ihrer Forderung nach einer vollständigen Abschaffung des Solis in eine Falle getappt wäre, da es schließlich nur um Gut- und Spitzenverdiener ginge. Aber es spielt bei der Union doch überhaupt keine Rolle, ob diese Idee in der Gesellschaft mehrheitsfähig ist oder nicht. Die Union sieht sich als Partei der Vermögensverwalter der Geldelite in unserem Land.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Oijoijoi!)
Das ist die Wahrheit, und das müssen die Menschen auch wissen, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich dachte, das wäre die FDP!)
– Friedrich Merz ist hier gerade schon gelobt worden von einem Ihrer Fraktionskollegen, Kollege Grosse-Brömer; also müssten Sie sich damit vielleicht auch auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren, wir haben einen ganz konkreten Vorschlag: Lassen Sie uns doch aus dem Solidaritätszuschlag einen Klimazuschlag machen. Dann zahlt genau die Gruppe den Zuschlag, die auch am meisten CO2 in die Atmosphäre pustet.
(Beifall bei der LINKEN)
Nach Berechnung von Oxfam hat das reichste Prozent der Weltbevölkerung 15 Prozent und die ärmere Hälfte der Menschheit 7 Prozent CO2 in der Zeit von 1990 bis 2015 ausgestoßen. Soziale Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit sind zwei Seiten einer Medaille, das müssen wir ganz deutlich sagen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Halten wir also fest: Die SPD kann sich bei Altschulden, bei der Schuldenbremse, bei der Finanztransaktionsteuer, bei der Aufrüstung nicht gegenüber der Union durchsetzen. Vielleicht sollten Sie einmal über andere Koalitionspartner nachdenken, um wirklich soziale Gerechtigkeit in unserem Land durchzusetzen. Das wäre der richtige Weg. Nicht nur im Wahlkampf links blinken, Sie müssen es auch durchziehen und nicht nach der Wahl wieder rechts abbiegen. Das wäre falsch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist auch aufschlussreich, dass in fast allen Politikbereichen die Ausgaben reduziert werden sollen, bloß nicht bei der inneren und äußeren Sicherheit. Doch es muss doch jedem klar sein, dass neue Raketen nicht gegen Viren helfen und neue Kriegsschiffe nicht gegen Altersarmut, die viele Menschen umtreibt.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Unsicherheit, die viele Menschen umtreibt, hat doch keine militärischen Ursachen, sondern soziale. Wir wollen mehr Sicherheit durch mehr Solidarität und nicht durch mehr Aufrüstung, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn nun der Generalinspekteur der Bundeswehr meint, dass die NATO Abschreckung wieder zur Priorität machen sollte, dann denkt dieser Mann immer noch in der Kategorie des Kalten Krieges. Wir wollen diese kreuzgefährlichen Strategien aus dem vorigen Jahrhundert in diesem Jahrhundert nicht mehr sehen. Frau Kramp-Karrenbauer, Sie müssen Ihrem Herrn Zorn – passender Name – erklären, dass diese NATO-Strategie wirklich falsch ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Die weitere Aufrüstung der Bundeswehr ist auch kein Beitrag – das sagen wir ganz klar – zur Bekämpfung der Pandemie. Wir fordern Klimaschutz statt Aufrüstung. Und wir fordern endlich eine Entkopplung der Rüstungsausgaben vom Bruttoinlandsprodukt und eine Kopplung des Klimaschutzes an das Bruttoinlandsprodukt. 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für militärische Aufrüstung auszugeben, ist doch heller Wahnsinn. Das machen wir nicht mit, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Schluss damit!)
Stellen Sie sich vor, diese 68 Milliarden Euro hätten wir zusätzlich, um die Energiewende zu finanzieren. Die Frage von Krieg und Frieden wird nämlich nicht mehr mit Panzern entschieden, sondern mit einer gerechten Klimapolitik.
(Beifall bei der LINKEN)
Das werden Militärs wie Herr Zorn wohl nie verstehen. Er müsste einfach einmal eine ehrliche Bilanz ziehen: Allein die Kriegseinsätze der Bundeswehr kosten uns im Jahr circa 1 Milliarde Euro. 800 Millionen Euro stehen im Haushalt; das wird dann regelmäßig überzogen. 1 Milliarde Euro ist sehr viel Geld, wenn man bedenkt, dass mit Auslandseinsätzen die Welt nicht sicherer, sondern unsicherer wurde. Wir fordern ein Ende aller Kriegseinsätze!
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, Die Linke will aus diesem Wahlkampfhaushalt einen ehrlichen Haushalt machen. Die Gretchenfrage ist: Wer bezahlt die Pandemierechnung? Wir fordern, es muss sozial geschehen. Wir wollen eine Vermögensabgabe. Das ist die gerechte Antwort.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Dann sind wir alle gleich! Gleich arm!)
Wir wollen keine Sozialeinschnitte. Wir wollen ein besseres, gerechteres und friedlicheres Land!
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)