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Gesundheit statt Vetternwirtschaft!

Rede von Tamara Mazzi,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser Gesundheitssystem funktioniert – es funktioniert für Besserverdienende und für die großen Gesundheits- und Pharmakonzerne. Für alle anderen funktioniert gar nichts – nicht für Kassenpatientinnen und -patienten, die monatelang auf Termine warten, nicht für Beschäftigte in Kliniken, die unter Dauerstress arbeiten, nicht für pflegende Angehörige, die körperlich und emotional am Ende sind. Für all diese Menschen, für die große Mehrheit von uns steht das Gesundheits- und Pflegesystem vor dem Kollaps. Doch statt endlich einen Systemwechsel einzuleiten, spart die Regierung weiter: weniger für Aufklärung, weniger für Suchtprävention, weniger für Forschung. Dabei hat Corona doch gezeigt, wie wichtig staatliche Gesundheitsforschung ist. Trotzdem kürzen Sie an der gemeinnützigen Forschung, während die Pharmakonzerne Milliardengewinne einfahren. Das ist absurd.

(Beifall bei der Linken)

Dass Sie aber gar kein Interesse daran haben, aus den Fehlern zu lernen, zeigt auch Ihre Blockade bei der Aufklärung der Maskenaffäre. Ich merke es vor allem daran, wie der Haushaltsausschuss über das Thema informiert wurde: geschwärzte Berichte, 70-seitige Papiere, die erst kurz vor der Sitzung herumgeschickt wurden, kein vollumfänglicher Zugang zu den Dokumenten. Wie soll man diese Arbeitsweise nicht als Verschleierungsversuch bewerten?

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es drohen 2,3 Milliarden Euro an Schadenszahlungen, mit Zinsen und Verfahrenskosten sogar 3,5 Milliarden Euro. Und Sie sind nur daran interessiert, Ihre Parteibuddys zu schützen. Und als wäre diese Verschwendung nicht schlimm genug, zeigen neue Aufdeckungen, wie systematisch bei der Auftragsvergabe getrickst wurde. Da wird einer Firma namens SimpleBreath ein Millionenauftrag zugeschanzt – einer Firma, die zum Zeitpunkt der Ausschreibung noch nicht einmal existierte. Ein 24-jähriger Wirtschaftsinformatiker ohne jede Branchenerfahrung, aber mit besten CDU-Verbindungen gründet am letzten Tag der Bewerbungsfrist eine UG und bekommt prompt einen der höchsten Zuschläge. Sein Co-Geschäftsführer: ein CDU-Funktionär, ehemaliger Referent von Peter Zimmermann.

(Axel Müller [CDU/CSU]: Das habe ich im „Spiegel“ auch gelesen!)

Und genau dieser Zimmermann organisierte kurz darauf das berüchtigte Spendendinner für Jens Spahn. Wenn das nicht nach Vetternwirtschaft riecht, was dann?

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Während Rentner/-innen jeden Cent beim Amt rechtfertigen müssen, werden hier Millionenaufträge nach Parteibuch vergeben. Die Gründer haben längst neue Vermögensverwaltungen aufgebaut und sind ins lukrative Beratungsgeschäft gewechselt. „Mission accomplished“, würde ich sagen.

Während Millionen für dubiose Deals verschwendet werden, fehlt es im Alltag überall: monatelange Wartezeiten bei Facharztterminen, keine Therapieplätze für Kinder, schlechte Versorgung auf dem Land. Während kommunale Kliniken reihenweise in Schieflage geraten, kassieren Helios, Asklepios und Rhön Jahr für Jahr Milliarden. Deshalb appelliere ich heute besonders an die Kolleginnen und Kollegen der SPD. Wir, das heißt Ates Gürpinar, Paula Piechotta, Janosch Dahmen und ich, haben am Montag eine fraktionsübergreifende Abfrage für einen Untersuchungsausschuss gestartet. Wir wollen wissen: Wer von den Abgeordneten ist bereit, die Maskenaffäre wirklich aufzuklären? Ich rufe Sie auch hier noch einmal auf: Unterschreiben Sie, und werden Sie Ihrer demokratischen Verantwortung gerecht.

(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tobias Ebenberger [AfD]: Untersuchungsausschuss jetzt! Beantragen Sie es doch einfach! Wir stimmen zu!)

– Mit Ihnen rede ich gar nicht.

(Beifall bei der Linken – Lachen und Beifall der Abg. Dr. Christina Baum [AfD] – Tobias Ebenberger [AfD]: Schönes Theater!)

Sie können nicht Transparenz predigen und gleichzeitig wegschauen, wenn Milliarden unter verdächtigen Umständen verschwinden. Die Bürger/-innen in diesem Land haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie ihre Steuergelder verschleudert wurden und wer davon profitiert hat. Unterstützen Sie deswegen unser Bestreben für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Maskenaffäre.

(Tobias Ebenberger [AfD]: Stellen Sie einen Antrag!)

Demokratische Kontrolle darf nicht an Koalitionsgrenzen enden. Ihre Verantwortung gegenüber Ihren Wählerinnen und Wählern bedeutet auch, Fehler zu untersuchen und daraus zu lernen. So denke nicht nur ich, sondern auch der Landesparteirat der SPD Schleswig-Holstein. Wenn Sie schon nicht auf mich hören, hören Sie doch bitte auf ihn. Seien Sie mutig, übernehmen Sie Verantwortung, machen Sie den Untersuchungsausschuss gemeinsam mit uns möglich!

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tobias Ebenberger [AfD]: Stellen Sie den Antrag! Warten Sie doch nicht auf die Regierungskoalition!)