Mein überaus geschätzter Herr Präsident!
(Bernd Schattner [AfD]: Oh!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über den Bundeshaushalt 2025 sprechen, dann geht es nicht nur um abstrakte Zahlen. Es geht um die Fragen: Welche Prioritäten setzen wir, und wie ernst nehmen wir den Verfassungsauftrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse?
„Gleichwertige Lebensverhältnisse in den vielfältigen Regionen Deutschlands schaffen die Grundlage für Vertrauen in politisches Handeln“: Das steht so auf der Webseite des Ministeriums geschrieben, und damit haben Sie auch völlig recht. Um das zu erreichen, benötigt es jedoch mehr als nur warme Worte. Ganz konkret benötigt man einfache, gezielte und auch deutlich mehr Förderungen für den ländlichen Raum.
(Beifall bei der Linken)
Diese lassen sich im Einzelplan 10 aber leider nicht finden. Die ländlichen Räume bleiben wieder einmal auf der Strecke.
Ich gebe Ihnen mal ein paar Beispiele, woran es in meinem Heimatland NRW mangelt. In Ostwestfalen-Lippe warten viele Dörfer noch immer auf schnelles Internet. Unternehmen klagen darüber, dass sie Aufträge nicht digital abwickeln können. Familien verzweifeln an Homeoffice oder Homeschooling. Wenn die Auszahlung der Fördermittel weiter verzögert wird, bleibt diese Region digital abgehängt und Abwanderung droht.
Im Kreis Höxter oder auch im Märkischen Kreis mussten Buslinien eingestellt oder stark ausgedünnt werden. Jetzt haben Jugendliche ohne Auto natürlich Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu erreichen, und ältere Menschen kommen nicht mehr zu Arztterminen oder dem nächsten Supermarkt. Mobilität ist nicht nur eine Frage des Komforts, sondern auch eine Frage der Teilhabe.
(Beifall bei der Linken)
In Teilen des Sauerlands hingegen schließen Hausarztpraxen, weil Nachfolger fehlen. Die Kommunen würden gerne in Versorgungszentren investieren; aber ohne gezielte Bundesförderung bleiben diese Pläne auf der Strecke. Diese Beispiele zeigen: Der Mangel ist real, und das nicht nur in Nordrhein-Westfalen.
Ein großes Hindernis bleibt zudem die Bürokratie. Es gibt zwar eine Reihe von Förderprogrammen; aber die sind kompliziert und kleinteilig. Großstädte mit leistungsfähigen Verwaltungen kommen damit klar. Kleine Gemeinden im Bergischen Land oder in der Eifel können die Erledigung solcher Anträge aber kaum stemmen. Das Ergebnis: Wer schon hat, dem wird noch mehr gegeben. Und ausgerechnet die strukturschwachen Regionen gehen hier leer aus.
„Gleichwertige Lebensverhältnisse“, das klingt gut, ist aber in der Praxis nicht verbindlich. Es gibt keine verpflichtenden Gleichwertigkeitschecks für neue Gesetze oder Programme. Die Folge sehen wir in NRW ganz konkret. In ländlichen Regionen wie im Münsterland oder am Niederrhein wird der Radwegebau verschoben. In Oberhausen musste eine Geburtsstation schließen, während gleichzeitig in Ballungszentren Überkapazitäten vorgehalten werden. Das ist genau das Gegenteil von gleichwertigen Lebensverhältnissen.
(Beifall bei der Linken)
Doch Ihr Haushalt gibt auf die Probleme vor Ort kaum Antworten, obwohl Sie sich das Thema nun wieder groß auf die Fahne geschrieben haben. Dabei müssen wir es klar benennen: Wir brauchen einen Haushalt, der ländliche Räume stärkt. Wir brauchen einfachere Förderinstrumente, damit auch kleine und finanzschwache Kommunen im Sauerland, im Siegerland oder am Niederrhein Fördermittel abrufen können. Wir brauchen gezielte Investitionen in Zukunftsthemen, digitale Netze, klimafreundliche Mobilität, Gesundheitsversorgung und regionale Wertschöpfung.
Wer den ländlichen Raum sich selbst überlässt, schwächt das ganze Land. Gleichwertige Lebensverhältnisse sind kein Luxus, sie sind Verfassungsauftrag. Also stärken Sie die ländlichen Räume! Sorgen Sie dafür, dass alle Menschen, egal wo Sie wohnen, die gleichen Chancen haben. Denn nur wenn Stadt und Land gleichermaßen stark sind, wird auch der soziale Zusammenhalt gestärkt.
(Beifall bei der Linken – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Kommt da noch was zum Haushalt?)
Und dann klappt es vielleicht auch wieder mit dem Vertrauen der Menschen in politisches Handeln. Schon ab nächster Woche haben Sie die Gelegenheit, deutlich mehr für den ländlichen Raum zu tun, wenn wir in die Haushaltsberatungen für 2026 einsteigen. Ich freue mich darauf.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Immerhin ist das Wort „Haushalt“ ja noch mal gefallen!)
