Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP möchte mit ihrem Antrag „Deutschland braucht ein Einwanderungsrecht aus einem Guss“ die Regierungsparteien im Grunde genommen von rechts überholen.
(Lachen bei der FDP)
Anders kann man diesen Antrag nicht bewerten.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Sie fordert unter anderem die Einführung eines weiteren Schutzstatus, der vorübergehend den humanitären Schutz für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge gewährleisten soll. Der Status soll unbürokratisch und nach Identitätsfeststellung innerhalb von drei Monaten erteilt werden. Darunter würde nach derzeitigem Stand ein Großteil der Schutzsuchenden fallen. Damit würde das derzeitige Asylverfahren abgewertet, indem Massenentscheidungen ohne Einzelfallprüfungen ergehen.
Es gibt bereits den subsidiären Schutz. Jetzt noch einen weiteren Schutzstatus einzuführen, würde nicht mehr Rechtssicherheit, sondern nur mehr Unsicherheit schaffen.
(Beifall bei der LINKEN)
Statt weitere Aufenthaltsformen einzuführen, fordern wir ein klares Bekenntnis zu der Verpflichtung, schutzsuchenden Menschen ihre Rechte zu gewähren, wie zum Beispiel das Recht auf uneingeschränkte Familienzusammenführung.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Außerdem spricht sich die FDP in ihrem Antrag für zentrale Unterbringungseinrichtungen aus. Das klingt für mich ganz klar nach dem bekannten Konzept der AnKER-Zentren; das lehnen wir ganz klar ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir als Linke sind für eine dezentrale Unterbringung an Orten, an denen die Menschen soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte haben.
(Jan Ralf Nolte [AfD]: Schaffung von Parallelgesellschaften!)
Die FDP zieht sogar Zurückweisungen an der EU-Binnengrenze in Betracht – keine Freizügigkeit für die Menschen innerhalb der EU, aber grenzenloser Waren- und Kapitalhandel. Es ist nicht nur europarechtswidrig, sondern auch zum Fremdschämen, diese Forderung hier erneut aufzustellen, und das von einer Partei, die Rechtsstaatlichkeit einmal sehr hoch gehalten hat.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist ja absurd!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt verschiedene Formen der Zuwanderung nach Deutschland; darüber sind wir uns ja alle einig. Die FDP befasst sich in diesem Antrag auch mit dem Thema der Arbeitsmigration. Alle Vorschläge, die das Einwanderungsrecht betreffen, egal ob es das Eckpunktepapier der Bundesregierung ist oder dieser Antrag der FDP, haben eine Gemeinsamkeit: Sie folgen dem Gedanken einer Verwertungslogik, bei der es um die Nützlichkeit von Menschen geht. Dabei stehen die Interessen von Unternehmen und Wirtschaft im Vordergrund. Eine Gesellschaft braucht aber mehr als Menschen, die den Kapitalinteressen dienen. Sie braucht Vielfalt. Alle Menschen sollen im Leben die gleichen Möglichkeiten haben, wie zum Beispiel das Recht auf gute Bildung, den Zugang zum Gesundheitssystem und auch zu Arbeitsplätzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir unterstützen die Schaffung von legalen Wegen und auch die Erleichterung der Einwanderung durch unbürokratischere Verfahren. Schon aus Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ergibt sich, dass alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind. Mit den Gesetzen, über die wir hier diskutieren, gerät dieser Grundsatz aber immer weiter in den Hintergrund. Ich habe diese Woche mit der UN-Sonderbeauftragten für Internationale Migration, Louise Arbour, über den globalen Migrationspakt diskutiert. Dieser Pakt ist zwar kein verpflichtendes Instrument für die Mitgliedstaaten, aber es ist sicherlich richtig, dass die heutigen Fragen zur Migration ohne eine internationale Perspektive nicht gelöst werden können, eine Perspektive, die die Gründe für die Entscheidung, zu migrieren, auch global in Betracht zieht.
Wir brauchen kein weiteres Regelwerk, das die Interessen der Menschen, die es betrifft, nicht in Betracht zieht. Es ist im Grunde genommen der falsche Ansatz, ein Regelwerk zu schaffen, um die potenziellen Rechtsaußenwählerinnen und -wähler hier zu beruhigen. Wir müssen in die Zukunft schauen und uns die Frage stellen, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Ich setze mich für eine offene und solidarische Gesellschaft ein
(Manuel Höferlin [FDP]: Das machen wir auch!)
und werde deshalb auch am Wochenende gemeinsam mit vielen Tausend Menschen hier in Berlin auf die Straße gehen und an der Demonstration unter dem Motto „#unteilbar – Für eine offene und solidarische Gesellschaft“ teilnehmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Manuel Höferlin [FDP]: Wir sind auch dafür, ohne dafür auf die Straße zu gehen! Deshalb machen wir Vorschläge!)