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Halbe Ausbildung - ganze Verantwortung?

von Julia-Christina Stange,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich möchte zu Beginn eines klarstellen: Dass wir hier im Bundestag, in diesem Hohen Haus, über Pflege sprechen, verdanken wir einer gewerkschaftlich organisierten Krankenhausbewegung im Kampf um Aufwertung und Entlastung. Grund ist nicht eine SPD, die heute immer noch an den fatalen Fallpauschalen festhält, und erst recht nicht eine CDU, die nach Arbeitgebervorteilen entscheidet und ganz sicher nicht im Sinne der Beschäftigten.

(Beifall bei der Linken)

Ich spreche heute hier als linke Bundestagsabgeordnete und als Fachkinderkrankenschwester, und ich kenne die Realität aus eigener Erfahrung. 40 Prozent der Auszubildenden brechen ihre Pflegeausbildung ab. Das muss doch hier jeden wachrütteln. So kann es nicht weitergehen; denn unzureichende Ausbildungsbedingungen verschärfen den Mangel an Fachkräften weiterhin.

(Beifall bei der Linken)

Ich höre den Auszubildenden zu. Sie wollen eine gute Ausbildung. Geben wir ihnen die Chance dazu, indem wir endlich gute Rahmenbedingungen schaffen. Der Gesetzentwurf zur Pflegefachassistenzausbildung ist ein wirklich wichtiger Schritt. Aber er stärkt Pflege nur dann, wenn wir ihn mutig und wenn wir ihn konsequent ausgestalten.

Erstens: die Ausbildungsdauer. 18 Monate reichen nicht.

(Claudia Moll [SPD]: Doch!)

Wer Verantwortung in der Pflege übernimmt, braucht Zeit, braucht Sicherheit und braucht Fachwissen.

(Beifall bei der Linken)

Eine 24-monatige Ausbildung ist notwendig für Qualität, für Gerechtigkeit gegenüber den Auszubildenden.

Zweitens: beruflichen Aufstieg gewährleisten. Die Assistenzausbildung darf keine Sackgasse sein, sondern ein Türöffner zur Fachkraftausbildung. Jede absolvierte Ausbildungszeit muss angerechnet werden. Die mittlere Reife zu erlangen, muss parallel möglich sein; denn nur so schaffen wir Perspektiven und gewinnen Menschen dauerhaft für die Pflege.

(Beifall bei der Linken)

Drittens. Ohne Praxiserfahrung geht es nicht. Wir brauchen eine duale Ausbildung mit starker Theorie und einer fundierten Praxis. Die Arbeit einer betrieblich angebundenen Jugend- und Auszubildendenvertretung muss selbstverständlich sein, und nur der Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen schafft Einbindung, verhindert Lernen am Rande und sichert Mitbestimmung in den Betrieben von Beginn an. Faire Vergütung, Verbot von Schulgeld und Ausbildungsgebühren, verbindliche Standards für mindestens 30 Prozent Praxisanleitung machen die Ausbildung erst attraktiv.

(Beifall bei der Linken)

Viertens. Integration ausländischer Kolleginnen und Kollegen unbedingt sicherstellen. Die Sprache ist der Schlüssel zu allem – ich habe es immer schon gesagt –: zum Verstehen, zum Vertrauen, für gute Pflege. Deshalb muss Sprachförderung Teil der Ausbildung sein – nicht außerhalb, sondern während der Arbeitszeit. Nur so schaffen wir Chancengleichheit.

Pflege ist eine der tragenden Säulen in dieser Gesellschaft. Geben wir den Auszubildenden eine Zukunft und eine Perspektive!

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)