Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Glauben Sie mir: Niemand ist frustrierter als ich darüber, dass wir gleich alle ein gemeinsames Déjà-vu haben. Aber, Herr Merz, auch wenn Sie das nicht hören wollen: Sie haben es tatsächlich geschafft, den zweiten Haushalt in Folge vorzulegen, in dem wirklich nichts enthalten ist, was das Leben der Mehrheit der Menschen in diesem Land verbessert: keine Entlastungen, zu wenig Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge, keine Stärkung der sozialen Sicherungssysteme – nichts, was wirklich dafür sorgt, dass die Menschen im Alltag merken: Hey, diese Regierung steht an meiner Seite. Das mag Sie jetzt überraschen, und Sie mögen das bestreiten, aber genau das ist Ihre Aufgabe. Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass die Regierung, dass der Staat nicht für sie da ist, ist das ein Problem.
(Beifall bei der Linken)
Dieser Haushalt ist wirklich eine Bankrotterklärung. Sie haben nämlich keinen Plan, wie Sie das Land zum Besseren verändern möchten. Vielleicht waren Sie auch einfach zu sehr damit beschäftigt, rechtsextreme Hetzkampagnen gegen eine Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht voranzutreiben.
(Markus Frohnmaier [AfD]: Eure Freundin!)
Vielleicht mussten Sie die Maskendeals zu aufwendig verschleiern. Vielleicht mussten Sie auch einfach in der fünftausendsten Talkshow Lügen über das Bürgergeld verbreiten.
Ich weiß: Das ist alles unfassbar stressig und anstrengend. Deswegen: Die Konzepte, um etwas zu verbessern, sind ja da: Einkommensteuerreform zur Entlastung der Mehrheit, Klimageld, Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel streichen, deutlich mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Wir haben das alles vorgelegt. Suchen Sie sich irgendwas davon aus. Denn wirklich alles ist besser als das, was Sie hier gerade treiben.
(Beifall bei der Linken)
Ich erinnere Sie gern daran: Aktuell leben über 4 Millionen Menschen in Haushalten, die Schulden wegen Gas- oder Stromrechnungen haben. Die Hälfte der Menschen im Land musste sich in den letzten beiden Jahren Geld leihen, und zwar nicht, weil sie sich die dritte Luxuskarosse kaufen wollten, sondern schlicht und ergreifend für alltägliche Dinge wie Kleidung oder Essen. Diese Probleme reichen also bis tief in die Mitte der Gesellschaft. Gleichzeitig werden einige wenige pervers Superreiche immer reicher. Vermögensungleichheit dann doch endlich mal als Problem zu erkennen, wie es ja einige jetzt getan haben, ist schon mal ganz nett, aber was dagegen zu tun, das brächte uns durchaus weiter.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken – Dr. Alice Weidel [AfD]: „Reiche erschießen“!)
All das ist ja schon schlimm genug, aber ich habe noch drei besondere Glanzleistungen aus Ihrem Haushalt gesammelt:
Erste Glanzleistung. Sie liefern nicht nur nichts Neues, was den Menschen helfen könnte, Sie führen selbst das wenige Gute, das in den letzten Jahren eingeführt wurde, ad absurdum. Das Deutschlandticket wird schon wieder deutlich teurer, obwohl Sie in Ihrem Koalitionsvertrag klar gesagt hatten, dass es bis 2029 keinen Preisanstieg geben wird. Also Respekt, dieses Versprechen hat ja richtig lange gehalten!
(Beifall bei der Linken)
Schon bei der letzten Preiserhöhung haben sich 1,1 Millionen Menschen dafür entschieden, das Deutschlandticket nicht mehr zu kaufen. Sie nehmen den Leuten damit aber nicht nur die Möglichkeit, einigermaßen bezahlbar von A nach B zu kommen, sondern Sie erweisen auch dem Klimaschutz einen Bärendienst.
Direkt zur zweiten Glanzleistung. Für das Deutschlandticket reicht das Geld irgendwie nicht, Geld für klimaschädliche Subventionen ist aber kein Problem. Da planen Sie sogar, laut Ihrem Koalitionsvertrag, noch mal Mehrausgaben von um die 15 Milliarden Euro. Das ist ja mal eine ganz stabile Klimapolitik, ohne Ideologie scheinbar.
(Beifall bei der Linken)
Dritte Glanzleistung. Dass der Klimaschutz für Sie wirklich gar keine Rolle spielt, hat man vor einigen Wochen sehr deutlich gemerkt, als Sie versuchen wollten, über den KTF, der eigentlich dafür gedacht ist, Investitionen in den Klimaschutz zu finanzieren, Strafzahlungen für nicht erreichte Klimaziele zu bezahlen. Das ist so wild, da haben sogar die CDU-Abgeordneten öffentlich dagegen Stellung bezogen. Das muss man erst mal schaffen: dass die Union sich für Klimaschutz einsetzt; ist ja auch nicht schlecht.
(Beifall bei der Linken)
Herr Merz, Sie wissen, ich bin ja eher ein ruhiger Mensch.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Aber wenn Sie sich hier wirklich hinstellen und sagen, Sie haben ja nicht von Kürzungen geredet, Sie wollen ja keinen Abbau des Sozialstaats, dann frage ich mich: Wollen Sie uns alle hier eigentlich für dumm verkaufen? Sie reden die ganze Zeit davon, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt. Sie reden davon, dass Sie bei der Jugendhilfe und bei der Eingliederungshilfe kürzen wollen. Aus Ihrer Regierung kommen Vorschläge, dass es im Gesundheitssystem weniger Leistungen und mehr Beiträge geben sollte. Ich kann den ganzen Tag noch weitere Beispiele aufzählen, an denen ganz, ganz deutlich wird, dass genau dieser Sozialabbau, dass genau diese Kürzungen das sind, was Sie planen. Aber ich verspreche Ihnen: Wir als Linke werden Sie damit nicht durchkommen lassen!
(Beifall bei der Linken)
Aber auch darüber hinaus ist dieser ganze Haushalt wirklich eine einzige Schmierenkomödie. Eine Trickserei reiht sich an die nächste, es ist ein reiner Verschiebebahnhof. Ich möchte noch mal daran erinnern: Mit einem Fingerschnippen konnte man plötzlich die Schuldenbremse zugunsten von Rüstung aussetzen. Für alles andere hieß es: Wir machen ein Sondervermögen, 500 Milliarden Euro für Investitionen. – Das ist ja toll, aber:
Erstens hat dieses Sondervermögen eine Laufzeit von zwölf Jahren. Und wir haben einen riesigen Investitionsstau; es ist sowieso nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Zweitens – spannende Sache –: Da, wo es Milliarden aus dem Sondervermögen gibt, wird im Haushalt plötzlich massiv gekürzt. Das ist ja verrückt! Ich dachte mir, das muss ein Zufall sein. Aber schauen wir uns das mal an: Im Sondervermögen gibt es 2,5 Milliarden für die Sanierung von Autobahnbrücken – im Haushalt werden an der gleichen Stelle 2 Milliarden gekürzt. Im Sondervermögen gibt es 18,8 Milliarden für die Bahn – im Haushalt werden da 14 Milliarden gekürzt. Im Sondervermögen gibt es 2,3 Milliarden für den Breitbandausbau – im Haushalt taucht der Titel gar nicht mehr auf.
Hieß es nicht mal, dieses Sondervermögen soll zusätzliche Mittel bereitstellen? Liebe Grüne, war das nicht eure Bedingung dafür, diesem ganzen Paket zuzustimmen? Liebe Britta, du hast es ja zu Recht kritisiert. Aber ich muss schon sagen, ihr habt euch da echt ziemlich über den Tisch ziehen lassen.
(Beifall bei der Linken)
Mir wäre das peinlich.
Wir hätten damals eine Reform der Schuldenbremse durchsetzen können. Wir hatten das Druckmittel. Stattdessen tagt jetzt eine Kommission, und wir müssen auf die Union vertrauen. Lasst euch das auf der Zunge zergehen: Wir müssen auf die Union vertrauen. – Das ist wirklich das Schlimmste, was einem passieren kann – und ich habe eine Menge Erfahrung –, das ist wirklich furchtbar.
(Beifall bei der Linken)
Im Endeffekt ist das eingetreten, was wir prophezeit hatten: Die Regierung saniert mit dem Sondervermögen nicht unser Land, sondern ihren Haushalt. Ja, Sie erzählen überall, es gäbe ganz viele Investitionen, es ginge voran. Das mögen Ihnen kurzfristig vielleicht auch noch ein paar Leute glauben. Aber langfristig merken die Menschen doch, dass es nicht besser, sondern schlechter wird, dass Sie das Land weiter auf Verschleiß fahren. Und das ist nicht nur kurzsichtig, das ist kreuzgefährlich, so schüren Sie Frust. Und Sie wissen genau, wem das nutzt, nämlich denen, die unser Land in dunkelste Zeiten zurückführen wollen, und all das, während mal wieder eine Studie, diesmal vom ifo-Institut, zeigt, dass die Aufstiegschancen für Kinder in Deutschland sich massiv verschlechtern, dass Bildung immer mehr vom Einkommen der Eltern abhängt.
Lieber Matthias, du hast ja recht, dass genau da Investitionen nötig sind. Allein, sie fehlen da, wo man sie sucht. Es fängt bei den Kitas an. Viele Kinder aus ärmeren Familien werden nicht ausreichend gefördert – wenn sie denn überhaupt einen Platz bekommen. In Schulen wird viel zu früh aussortiert. Lehrermangel und schlechte Ausstattung verschärfen die Ungleichheit. Der Bund muss sich deswegen endlich angemessen finanziell beteiligen. Kitas, Ganztagsbetreuung und gute Schulen brauchen eine verlässliche Förderung. Das Kooperationsverbot muss endlich durch ein Kooperationsgebot ersetzt werden!
(Beifall bei der Linken)
Dann braucht es auch hier Investitionen vom Bund, und zwar wirklich zusätzlich und nicht als Budenzauber. Außerdem brauchen wir eine BAföG-Reform, damit das Studium nicht am Geld scheitert, und gleichzeitig Maßnahmen für eine bessere Vergütung von Auszubildenden. Wenn Sie es schon nicht für mehr Chancengleichheit für Kinder aus ärmeren Familien tun, dann doch vielleicht für die Wirtschaft; die braucht nämlich ganz dringend diese Fachkräfte.
Bis zur Schlussberatung ist ja noch Zeit. Ich hoffe wirklich, dass Sie bis dahin begreifen, dass es beim Haushalt nicht darum geht, schöne Tabellen anzulegen und sich für Kürzungen zu feiern, sondern darum, dieses Land zukunftssicher aufzustellen und die Mehrheit im Alltag zu entlasten. Allein, dafür fehlt mir der Glaube.
(Beifall bei der Linken)