Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Seit Wochen treffe ich Menschen, die in Kriegs- und Krisenregionen alles geben, um Kinder, Frauen und Männer in Not mit dem Überlebenswichtigsten zu versorgen. Dieselben Organisationen kritisieren die Kürzungen, doch ihre Warnungen und Appelle verhallen ungehört; denn die Bundesregierung kürzt. Sie kürzt denen das Geld, die helfen wollen, die helfen müssen. Das ist ein Skandal, über den viel zu wenig geredet wird.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wie erklärt man den Menschen in Gaza, dass der politische Wille fehlt, um ausreichende Hilfslieferungen und gerechten Frieden vor Ort zu unterstützen, aber Waffenlieferungen an Israel durchgewunken werden, an eine rechtsradikale Regierung, die einen Genozid begeht, wie es erst gestern eine Sonderkommission der Vereinten Nationen festgestellt hat?
Wie erklärt man den Menschen im Sudan, dass der politische Wille fehlt, um dringend benötigte humanitäre Hilfe zu leisten, um Frieden in der Region zu schaffen, aber Waffenlieferungen durchgewunken werden an die Vereinten Arabischen Emirate, die mit den RSF-Milizen zusammenarbeiten, die im Sudan schwerste Kriegsverbrechen begehen?
Wie erklärt man den Menschen in Namibia, dass der politische Wille fehlt, um Reparationszahlungen an die Nachfahren der Opfer des ersten deutschen Völkermords, an den Herero und Nama, zu zahlen, aber Deutschland in Namibia ein riesiges Wasserstoffprojekt vorantreibt, vorbei an der Bevölkerung, gegen Beschwerden der Nachkommen der Genozidopfer, während für das Projekt die Haifischinsel in Lüderitz beschädigt wird, die Stätte des ersten deutschen Konzentrationslagers?
Ich finde: Das kann man nicht erklären, ohne sich für unser Land zu schämen.
(Beifall bei der Linken)
Nein, erlaube ich nicht.
(Stephan Brandner [AfD]: Ganz schön patzig! – Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)
Wir schauen in die USA und sehen: Der Totalrückzug aus der Nord-Süd-Solidarität, die Zerschlagung der US-Entwicklungszusammenarbeit trifft die Ärmsten der Armen. Wenn das reichste Land der Welt, wenn Trump und Musk, zwei weiße alte Milliardäre, dem globalen Mindeststandard an Menschlichkeit über Nacht den Stecker ziehen, dann ist das nicht nur zutiefst inhuman, dann ist das auch Rassismus pur.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Bei einer Regierung wie der von Trump ist rassistische Politik auf dem Rücken der Ärmsten leider schon eingepreist. Aber mit dem, was in Deutschland passiert, nämlich den größten Kürzungen bei Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe in der Geschichte der Bundesrepublik, geht auch hierzulande etwas massiv in die falsche Richtung.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ganz offensichtlich ist der kurzfristige Applaus von rechts den Regierungsparteien wichtiger
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
als Humanität und internationale Solidarität, allen voran der CDU/CSU. Dass unsere Änderungsanträge im Ausschuss abgelehnt wurden – von Union, SPD und AfD –, ist da nur die traurige Folge dieser politischen Verrohung. Ich will es ganz klar sagen: Die historischen Kürzungen sind Teil des Rechtsrucks.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken – Rocco Kever [AfD]: Weil ihr Kommunisten seid!)
Dass sich die reichsten Länder zurückziehen, um sich auf ihre eigene Sicherheit, ihre eigene Wirtschaft, ihren eigenen Wohlstand zu fokussieren, ignoriert ihre historische Verantwortung. Der Globale Norden hat den Globalen Süden kolonialisiert, seine Ressourcen ausgebeutet und seine indigenen Bevölkerungsgruppen ermordet. Entwicklungszusammenarbeit ist deswegen kein „Nice-to-have“ und keine Kirsche auf der Torte; sie ist Verantwortung und Pflicht.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hören Sie gut zu, besonders die Parteien mit dem christlichen C im Namen: Von einem Skandal der Unmenschlichkeit reden nicht nur wir von der Linken. Das sagen auch die Kirchen mehr als deutlich. In einem ökumenischen Aufruf verurteilen Katholische und Evangelische Kirche diesen Kurs aufs Schärfste. Sie fordern eine verlässliche Entwicklungszusammenarbeit statt drastischer Kürzungen.
(Zuruf von der AfD: Profiteure!)
Wenn das „christlich“ in Ihrem Namen überhaupt noch irgendetwas wert ist, dann gebe ich Ihnen ein Zitat aus einer Predigt vom emeritierten Bischof aus Münster, Felix Genn, mit auf den Weg: „Menschen in Not nicht zu helfen, ist nicht christlich.“
(Beifall bei der Linken)
Das gilt für Geflüchtete, für Schutzsuchende, für Menschen in Not auf der ganzen Welt. Oder reicht Ihr christliches Gewissen nur bis zur deutschen Außengrenze?
(Zuruf der Abg. Dr. Inge Gräßle [CDU/CSU])
Deutschland ist das drittreichste Land der Welt. Besteuern Sie endlich die Superreichen, statt für McDonald’s und Burger King die Mehrwertsteuer zu senken, statt Milliarden an Rheinmetall und für vergeigte Maskendeals zu überweisen! Dann ist auch genug für alle da.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)