Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die AfD, also die mit dem ganz kleinen braunen Karo, selbst wenn sie blaue Jeansjacketts tragen, hat mal wieder einen Skandal aufgedeckt, der aber gar keiner ist: Kinder von Ausländern erhalten gutes deutsches Kindergeld, sogar in Polen oder Rumänien. „Florida-Rolf“ ist jetzt zehn Jahre alt, heißt „Andrzej“ oder „Bogdana“ und lässt es sich in Warschau oder Bukarest auf deutsche Kosten gut gehen. Welche Ungerechtigkeit!
Mal abgesehen davon, dass sich leider auch schon SPD und CDU des Themas – unsinnigerweise, wie ich finde – angenommen haben, auf europäischer Ebene da aber auf wenig Verständnis gestoßen sind: Ist das denn überhaupt eine irgendwie fragwürdige Regelung? Es ist schon gesagt worden: Kindergeld gibt es für Arbeit und nicht für Nationalität oder Wohnsitz.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wer in Deutschland arbeitet und Steuern zahlt, hat Anspruch auf Kindergeld. Das gilt auch für Beschäftigte mit ausländischen Pässen – auf dem Bau, in der Pflege oder in Privathaushalten. Also: Wer Kindergeld erhält, hat den Anspruch durch ihre oder seine Erwerbsarbeit in Deutschland erworben. Wer Kindergeld erhält, hat gutes Geld verdient und dafür in Deutschland Steuern auf das Einkommen gezahlt. Wo ist da die Ungerechtigkeit?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Umgekehrt gilt das genauso. Menschen mit deutschem Pass, die im Ausland leben und arbeiten, erhalten dort Kindergeld oder vergleichbare Leistungen. Das gilt für die Länder der Europäischen Union, für die Schweiz und die Länder des Europäischen Wirtschaftsraums. Hier ist also auch keine Ungerechtigkeit zu erkennen.
Meine Damen und Herren, von Diskriminierung kann keine Rede sein. Hier wird auf dem Rücken von Kindern ein grotesker Sozialneid geschürt. Wie es sich für die AfD gehört, wird dabei auch noch versucht, alles so darzustellen, als sei das ein Problem von Einwanderung oder Deutschsein oder nicht. Dabei verheddert sich die AfD aber in ihren eigenen Argumenten.
Was in der ganzen Debatte bislang gar keine Rolle gespielt hat: Auch deutsche Staatsangehörige erhalten für ihre im Ausland lebenden Kinder Kindergeld, zum Beispiel dann, wenn diese in Italien oder Österreich studieren, an einem internationalen Freiwilligendienst teilnehmen oder beim zweiten Elternteil im Ausland leben. Diese Gruppe von im Ausland lebenden Kindern deutscher Staatsangehöriger ist übrigens mit 34 000 Kindern nach der Gruppe der in Polen lebenden die zweitgrößte Gruppe.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das ist interessant! – Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)
Wenn die AfD ihre eigenen Argumente ernst nehmen wollte – das muss sie ja nicht, tut sie auch nicht –, dann müsste für diese Kinder auch das Kindergeld gekürzt werden.
(Zurufe von der AfD)
Wer von Ihnen aus der AfD-Fraktion erhält denn gerade Kindergeld für im Ausland lebende oder studierende oder bei Partnern lebende Kinder?
(Zuruf der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])
Meine Damen und Herren, welche Größenordnung das Problem hat, ist schon angesprochen worden. Weniger als 1 Prozent der Kindergeldzahlungen fließen ins Ausland. Dass die Zahl der Berechtigten in den letzten zehn Jahren zugenommen hat – letztes Jahr waren es ungefähr 250 000 –, kann jetzt nicht wirklich überraschen.
Kindergeld wird vom Staat an die Eltern, nicht an die Kinder gezahlt. Zweck des Kindergeldes ist es, die finanziellen Belastungen, die mit dem Unterhalt, der Erziehung und der Betreuung von Kindern verbunden sind, wenigstens teilweise auszugleichen. Nach dieser Lesart ließe sich aber auch leicht begründen, warum in Deutschland erwerbstätige Menschen mit Kindern im Ausland sogar höhere finanzielle Belastungen haben. Nach der Logik, die für uns Bundestagsabgeordnete gilt, müssten die höheren Reisekosten und die Kosten für doppelte Haushaltsführung noch gesondert berücksichtigt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Viel Empörung mit wenig Gehalt. Es ist gut, dass es das Kindergeld gibt. Es ist keineswegs zu hoch, auch nach den jüngsten Kabinettsbeschlüssen nicht.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)