Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der zügige Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots bei der Bahn, bei Straßen-, S- und U-Bahnen oder auch bei den Wasserstraßen ist entscheidend. Er ist aus sozialen und ökologischen Gründen entscheidend. Er macht Mobilität günstiger und besser für die Mehrheit der Menschen in unserem Land.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb ist es gut, wenn unnötige Verzögerungen bei Planungsverfahren für Verkehrsprojekte vermieden werden können.
(Beifall bei der LINKEN)
Das zentrale Problem dieser ganzen Debatte hat aber der Sachverständige Dr. Michael Zschiesche in seiner Stellungnahme zur Anhörung zum Planungsbeschleunigungsgesetz benannt – Zitat –:
"Obgleich bereits 1990"
– das war vor 30 Jahren –
"das erste Beschleunigungsgesetz … in Deutschland erlassen wurde, ist auch 2020 nicht einmal bekannt, wie viele Planfeststellungsverfahren … stattfinden. … Im Moment kann in Deutschland niemand Auskunft geben, wie viele Verfahren in welchen Sektoren durchgeführt werden, wie lange welche Planungstypen dauern, welchen Spezifika sie unterliegen, welche Probleme je Sektor die relevantesten sind."
Wir machen seit 30 Jahren Planungsbeschleunigung im Blindflug. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!
(Beifall bei der LINKEN)
Statt laufend neue Vorschläge für neue Maßnahmengesetze zu unterbreiten, wie es die FDP macht, sollte das Verkehrsministerium regelmäßig berichten, wie der Stand der Planungsverfahren ist und wo es aus welchen Gründen zu Verzögerungen kommt.
Eine frühe Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein wesentliches Element bei der Beschleunigung solcher Verfahren, und zwar deshalb, weil man versuchen kann, Einwände von vornherein aufzugreifen, die im Verfahren dann gar nicht mehr zu Klagen oder dergleichen führen. Der Sachverständige der FDP, der frühere hessische Verkehrsminister Dieter Posch, hat dazu in der Anhörung ausgeführt:
"Das werden Sie mir vielleicht nachsehen, dass ich das erst sehr spät erkenne, aber ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass viele Projekte dem Bürger in einem Planungsstand mitgeteilt werden, in dem die Planung faktisch fertig ist. … Und deswegen glaube ich, der Planungsprozess in der Öffentlichkeit muss damit beginnen, dass der Plan auch tatsächlich ein Plan ist, bei dem man sagt, wir haben das und das vor, aber nicht, wo alles bereits im Detail schon geregelt ist."
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Sehr richtig!)
Ein solches Vorgehen geht aber mit Maßnahmengesetzen überhaupt nicht zusammen. Da stehen das Ziel und die Maßnahme bereits fest und werden per Gesetz vom Deutschen Bundestag verfasst. Dass die Bürgerbeteiligung dann auch noch von der FDP straff geregelt werden soll, erhöht nicht mein Vertrauen darin, dass da an echte Bürgerbeteiligung gedacht ist.
Maßnahmengesetze haben Ausnahmecharakter, die – auch das hat Herr Posch in der Anhörung gesagt – bei Schiene und Wasserstraße mit dem Klimaschutz begründet werden können. Noch einmal ein Zitat von Dieter Posch:
"Ich habe schon manchmal Zweifel bei den Gründen, die Sie"
– damit meint er die Bundesregierung –
"bei der Schiene genannt haben. Die Verkehrsbedeutung einer Straße als solche rechtfertigt es nicht, ein Maßnahmengesetz zu machen."
Die Ausdehnung von Maßnahmengesetzen auf den Straßenbau lehnen wir deshalb ab.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Bewirkt der Ausschluss oder die Beschränkung von Klagemöglichkeiten, insbesondere von anerkannten Umweltverbänden, wirklich eine Beschleunigung? Laut Umweltbundesamt wird überhaupt nur jedes 58. Verfahren, also weniger als 2 Prozent der Verfahren, einer Klage unterworfen. Ganz offensichtlich ist das nicht das Hauptproblem der Verzögerungen bei solchen Planungsverfahren.
Kommen wir aber mal zu den guten Aspekten. Eine bessere Verzahnung von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren, wie von der FDP vorgeschlagen, kann positive Wirkung haben. Dazu wäre es aber notwendig, dass Bürgerinnen und Bürger auch bei der Raumordnung beteiligt werden und mitreden dürfen. Das ist bisher nicht vorgesehen, steht auch nicht in Ihrem Antrag; vielleicht reden wir noch mal darüber. Ebenso sind vereinfachte Verfahren für Ersatzbauten vernünftig, und darüber sollte man sprechen.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Donth [CDU/CSU]: Das ist schon beschlossen! Sie waren nicht dafür! Wir haben es beschlossen!)
– Wir waren aus anderen Gründen nicht dafür, wie Sie sich vielleicht erinnern.
Welche Maßnahmen sind heute schon notwendig?
Erstens. Die mit der Planung befassten Ämter müssen personell und finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben auch erfüllen können.
(Beifall bei der LINKEN)
Das steht ebenfalls im FDP-Antrag; das ist gut so.
Zweitens. Insbesondere für finanziell schwache Kommunen müssen die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Eine schnelle Entschuldung dieser Kommunen ist dringend nötig.
(Beifall bei der LINKEN)
Drittens. Für die Baufirmen und Ingenieurbüros, die die Planungen umsetzen, muss eine langfristige Investitionsverpflichtung, insbesondere des Bundes, erkennbar sein. Sie müssen wissen: Es lohnt sich, Personal einzustellen und Kapazitäten bereitzuhalten.
Und viertens. Der Bundesverkehrswegeplan ist bisher nur eine Zusammenstellung einzelner Verkehrsprojekte. Wichtig wäre, daraus eine Netzplanung zu machen, durch die der Wildwuchs von unverbundenen Planungsvorhaben durch eine zielgerichtete Netzplanung ersetzt wird.
(Zuruf des Abg. Reinhold Sendker [CDU/CSU])
In deren Mittelpunkt muss die Verlagerung des Straßenverkehrs auf die umweltschonenden Verkehrsträger stehen.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)