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Jugend erpresst, Zukunft verscherbelt – GroKo macht Bus und Bahn zum Luxus!

Rede von Jorrit Bosch,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Stephan Brandner [AfD]: „Deutsche demokratische Altfraktionen“ heißt das!)

Liebe Besucher/-innen! Wer heute unterwegs ist, erlebt jeden Tag das Scheitern der deutschen Verkehrspolitik: Staus auf den Autobahnen, marode Brücken, überfüllte Straßenbahnen, verspätete Züge. Dabei wollen die arbeitenden Menschen keine Schlagworte hören, sie wollen Verlässlichkeit, egal ob sie mit Auto, Rad, Bus oder Bahn unterwegs sind. Doch dieser Verkehrshaushalt liefert keine Orientierung, sondern Unsicherheit. Statt Investitionen in die Zukunft setzen Sie weiter auf die Rezepte der Vergangenheit. Auch der Bundesrechnungshof kritisiert, dass die 500 Milliarden Euro Sondervermögen nicht zielgerichtet eingesetzt werden können.

Liebe Besucher/-innen, ich möchte ganz kurz erklären, was hier gerade passiert. Diese Regierung schafft das Kunstwerk, dass trotz Sondervermögens, trotz zusätzlicher Milliarden bei den Bürgerinnen und Bürgern da draußen keinerlei finanzielle Erleichterung ankommt. Was fehlt, ist eine Vision, ein klarer Plan, wie Mobilität in 10 oder 20 Jahren aussehen soll, eine Richtung, die Vertrauen schafft und den Alltag verlässlich macht.

(Beifall bei der Linken)

Am deutlichsten zeigt sich diese Planlosigkeit bei der Bahn: Fast jeder zweite Fernzug ist verspätet, die Infrastruktur marode, die Beschäftigten sind völlig am Limit. Gestern haben Sie dann Ihre lang erwartete Bahnstrategie in knapp sieben Minuten vorgestellt. Das Ergebnis: Ein verkleinerter Vorstand, gesenkte Pünktlichkeitsziele und keine kurzfristige Verbesserung für die Fahrgäste.

(Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein echter Neuanfang sieht, ehrlich gesagt, anders aus. Während die Bahn weiter in der Krise steckt, wird es für die Menschen da draußen immer teurer. Die Preisschraube beim Deutschlandticket wird erneut angezogen. Ab nächstem Jahr soll es dann schon 63 Euro kosten. An dieser Stelle möchte ich gerne – sehr gerne sogar – aus Ihrem Koalitionsvertrag zitieren. Da steht nämlich: „Das Deutschlandticket wird über 2025 hinaus fortgesetzt.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Richtig!)

Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2029 schrittweise und sozialverträglich erhöht.“ Kleine Info, Herr Donth – Sie haben gerade reingerufen –: Wir haben 2025! Ein Versprechen, dass Sie im April dieses Jahres gegeben haben, keine fünf Monate später zu brechen – Chapeau! –, das ist sogar für Ihre Verhältnisse wirklich schamlos.

(Beifall bei der Linken – Michael Donth [CDU/CSU]: Um wie viel steigt der Anteil? Wie viel Prozent mehr?)

Aber es passt ja zu Ihrer Politik. Egal ob Wort- oder Rechtsbruch, Sie sind dabei – ob beim Mindestlohn, beim Strompreis oder beim Deutschlandticket. Es trifft immer die, die am dringendsten Entlastung brauchen. Aber Sie verstehen davon nichts. Ihre Politik geht an der Lebensrealität dieser Menschen komplett vorbei.

(Beifall bei der Linken – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich hätte eine Empfehlung: Fahren Sie doch mal einen Monat mit dem Bus oder mit der Bahn – und nicht nur erster Klasse und nicht mit dem Dienstwagenfahrservice. Reden Sie mit den Menschen in der Bahn. Dann wüssten Sie, was diese Preiserhöhungen für viele bedeutet. Sie ist schlicht verantwortungslos.

(Beifall der Abg. Katalin Gennburg [Die Linke])

Frust herrscht ja bekanntlich nicht nur bei der Bahn, sondern auch in der Autoindustrie. Wenn Kanzler Merz mehr Flexibilität in der Regulierung fordert, dann heißt das nichts anderes, als den Verbrennerausstieg wieder infrage zu stellen. Mit Ihrem ständigen Hin und Her bei der Elektromobilität verunsichern Sie nicht nur Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher, Sie verunsichern damit vor allem die Mitarbeiter/-innen in der Automobilbranche. Statt nur auf Sondergipfeln mit den Konzernbossen abzuhängen, sollten Sie mal mit den Beschäftigten reden.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dann wüssten Sie, dass diese Menschen an den Bändern, in den Werkstätten und in den Entwicklungsabteilungen sich endlich Planungssicherheit wünschen.

(Beifall bei der Linken – Stephan Brandner [AfD]: Woher wissen Sie das denn?)

Aber was tun Sie? Sie verschleppen die Transformation, blockieren, statt zu gestalten, und sorgen dafür, dass Deutschland vom Zukunftsmarkt E-Mobilität endgültig abgehängt wird. Dabei wurden bei uns im ersten Halbjahr dieses Jahres 25 Prozent mehr vollelektrische Autos verkauft als im Vorjahr – und das ganz ohne Kaufprämie. Das zeigt: Der Markt hat Ihre Politik längst überholt.

Und noch etwas, Herr Minister: Bitte vergessen Sie die jungen Menschen da draußen nicht. All denen, die auf ein Auto angewiesen sind, haben Sie versprochen, den Führerschein bezahlbar zu machen. Passiert ist nichts – keine Entlastung, keine Reform. Aber jetzt plötzlich macht Ihre Regierung 3 500 Euro für den Führerschein locker – allerdings nur für diejenigen, die zur Bundeswehr gehen. Während junge Menschen unter den massiv gestiegenen Führerscheinkosten leiden und echte Lösungen ausbleiben, präsentiert Ihre Regierung eine zynische Alternative, die lautet: Wer bereit ist, zur Waffe zu greifen, bekommt den Führerschein bezahlt. Wer aber ein FSJ macht oder einfach nicht zum Bund möchte, muss sehen, wie er klarkommt. Die Jugend wird nicht nur vergessen, sondern regelrecht verhöhnt, ob beim Führerschein, beim Kulturpass oder beim günstigen ÖPNV-Ticket. Ihre Wehrdienstpläne zeigen: Sie interessieren sich nicht für die Belange junger Menschen in diesem Land.

(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Björn Simon [CDU/CSU])

Ein Staat, der Mobilität und Teilhabe an Bedingungen wie Militärdienst knüpft, hat seinen moralischen Kompass verloren.

Liebe Mitbürger/-innen, liebe Besucher/-innen, diese Regierung hat uns allen vor einem halben Jahr versprochen, sehr viel zu ändern. Doch was ist daraus geworden? Wahlversprechen? Gebrochen. Investitionen? Trotz Sondervermögen gekürzt. Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger? Fehlanzeige. Liebe Union, liebe SPD, Sie haben diese Menschen bewusst im Stich gelassen. Man muss an dieser Stelle einmal klar sagen: Sie haben auch Ihre Wähler/-innen getäuscht. Ihr Haushalt ist kein Aufbruch, er ist ein Offenbarungseid. Sie lassen die Menschen im Regen stehen, vor allem jene, die schon heute jeden Tag spüren, was in diesem Land schiefläuft.

Wir als Linke machen das nicht mit. Wir stehen an der Seite derer, denen Sie jeden Tag mit Ihrer Politik das Leben schwermachen. Wir kämpfen für eine Verkehrspolitik, die bezahlbar, ausgebaut und gerecht ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken – Florian Oßner [CDU/CSU]: Selbstgerecht!)