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Kürzungspläne im EU-Haushalt: Der Osten auf der Kippe

Rede von Janina Böttger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Wir reden diese Woche über den kommenden Bundeshaushalt. Aber gleichzeitig wird in Brüssel über den künftigen europäischen Haushalt debattiert, und ich glaube, diese Debatte ist genauso explosiv. Für unsere Bürgermeister/-innen und Schulleiter ist es nämlich keine theoretische Debatte in Brüssel, es betrifft sie ganz konkret in ihrem Alltag.

Ich zum Beispiel komme aus Sachsen-Anhalt. Bei uns wird sogar die Schulsozialarbeit aus EU-Projektfördertöpfen bezahlt. Eigentlich müsste das natürlich im Landeshaushalt gesichert sein; da sind wir uns alle einig. Aber die Realität ist doch: Ohne EU-Mittel gäbe es diese Stellen schlicht nicht. Und genau diese Unterstützung könnte bald gestrichen werden; denn Ursula von der Leyen plant eine radikale Umverteilung der Fördergelder.

Erstens: der Umbau der Regionalförderung, bisher eine der Lebensadern im Osten. Damit wurden Schulen saniert, Kulturhäuser gerettet, Innenstädte wieder aufgebaut. Diese Mittel sollen ab 2028 in einen Topf geworfen werden mit Agrarmitteln, mit Mitteln für Migration, aber auch für Rüstung. Und es droht, dass die Lausitz und die Altmark dann plötzlich mit Panzern und Drohnen um Geld konkurrieren. Wer das „Reform“ nennt, verschleiert die Wahrheit. Das ist ein neuer Strukturbruch, und er trifft wieder massiv Ostdeutschland.

(Beifall bei der Linken)

Zweitens: weniger Geld für die Regionen und die Landwirtschaft. Kein Wunder, dass die Bauernverbände schon wieder auf der Zinne sind. Wir erinnern uns alle an die Bilder: wütende Bauern in Brüssel, lange Traktorenschlangen, aufgereiht auf den Straßen von Magdeburg und Berlin. Und ja, die Bauern werden wieder laut protestieren. Aber Bürgermeister/-innen oder Schulleiter/-innen werden nicht hupend durch Brüssel fahren und protestieren. Deshalb verspreche ich ihnen: Die Linke wird ihre Stimme sein. Wir kämpfen für das Soziale –

(Dr. Inge Gräßle [CDU/CSU]: Und gegen die Bauern! Die wissen das!)

für die Schulsozialarbeit, für Dorfschulen, für lebendige Innenstädte.

(Beifall bei der Linken)

Drittens: noch mehr Zentralisierung. Bisher konnten die Bundesländer direkt mit der Kommission über die Umsetzung der Förderprogramme verhandeln. Dieser Weg soll nun gekappt werden. Die nationalen Regierungen sollen nun vorschlagen; aber letztendlich entscheiden wird es die Europäische Kommission. Das heißt: noch mehr Entscheidungsmacht für Ursula von der Leyen, aber weniger Einfluss für die Städte und die Regionen. Das ist verheerend.

Statt den Regionen mehr Möglichkeiten zur Mitsprache zu geben, wird von oben herab entschieden. Statt auf das Wissen vor Ort zu setzen, wird zentralisiert. Und statt mehr Zusammenhalt in ganz Europa zu fördern, wird der Konkurrenzkampf zwischen den Regionen angefacht. Für die Altmark, die Lausitz und den Ruhrpott heißt das nämlich konkret: Deren Projekte stehen dann in Konkurrenz mit Projekten in Bayern und Baden-Württemberg. Es wäre unsere Verantwortung hier im Bundestag, auf die Beteiligung und die Balance der Regionen und Bundesländer zu achten.

Wir als Linke pochen auf die soziale Verantwortung, sowohl im Bundeshaushalt als auch im europäischen Haushalt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)