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Mehr Geld für ME/CFS-Forschung

Rede von Sonja Lemke,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Zuhörende! Im Juli habe ich an dieser Stelle eine Rede zur Einbringung dieses Haushalts gehalten, die ich problemlos wiederholen könnte. Denn der Haushalt des Forschungsministeriums ist im Kern der gleiche geblieben; auch unsere Kritik daran bleibt die gleiche.

Ich kann jetzt wieder erzählen, dass Wissenschaft eine gute Grundfinanzierung braucht, dass endlich genug Geld bereitgestellt werden muss, damit Gebäude saniert werden können, dass gerade die Wissenschaftsfelder gestärkt werden müssen, die im Moment international besondere Angriffe erfahren, und dass es völliger Irrsinn ist, die Forschung zu militarisieren und ganze Bereiche in die Informationssicherheit zu schieben.

Stattdessen möchte ich über einen Punkt reden, bei dem die Erwartung wohl am größten war, dass dort endlich etwas passiert. Denn man kann es nicht unkommentiert lassen, wie Sie sich selbst dafür feiern, mehr Geld für die Forschung an ME/CFS und Long Covid auszugeben.

ME/CFS ist eine äußerst schwere Krankheit, und durch die Coronapandemie ist die Zahl der Betroffenen dramatisch gestiegen: Menschen, die vorher zum Beispiel als Lehrer-/innen, als Kindergärtner-/innen, als Krankenpfleger-/innen gearbeitet haben, oder junge Menschen, die noch Schüler-/innen waren, die sich mit Corona infiziert haben und nie wieder gesund geworden sind; Menschen, die jetzt den ganzen Tag in einem abgedunkelten Zimmer liegen, die Schmerzen haben und bei denen schon kleine normale Haushaltstätigkeiten zur Qual werden; Menschen, bei denen die Verwendung des Begriffs „arbeitsunfähig“ zynisch ist. Denn sie können ihre Freundinnen und Freunde nicht treffen, sie können nicht dabei sein, wenn ihre Kinder, Enkel, Nichten und Neffen aufwachsen, weil allein die Lautstärke ihrer Stimme dazu führt, dass sich ihre Situation verschlechtert. Jedes bisschen Leben führt zum Crash.

Gleichzeitig steht die Forschung zu dieser Krankheit erst am Anfang. Es gibt keine wirksame Therapie, keine Hoffnung auf Besserung. Die Forschungsministerin betont ja immer wieder, wie wichtig ihr die Krankheit ist, und sie war sich auch nicht zu schade, mit der Gesundheitsministerin die vielen Zuschriften in die Kamera zu halten und Geld für Forschung zu versprechen. Aber was sehen wir denn im Haushalt? Das Forschungsministerium fördert die Forschung an ME/CFS und Long Covid derzeit mit etwa 12 Millionen Euro im Jahr. Dafür sollen nun mit ihren Änderungsanträgen 2 Millionen Euro zusätzlich für 2025 kommen. Das steht doch in keinem Verhältnis.

(Beifall bei der Linken – Carsten Körber [CDU/CSU]: Das ist doch gut! – Florian Müller [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn noch? Realismus ist für Die Linke ein Fremdwort!)

Wenn wir uns auf die extrem zynische Rechnung einlassen, die Krankheit als volkswirtschaftlichen Schaden zu beziffern, dann kommen Schätzungen auf über 60 Milliarden Euro pro Jahr. Allein das zeigt, dass Sie hier in völlig falschen Größenordnungen denken.

(Beifall bei der Linken)

Es ist nicht aus der Luft gegriffen, zu sagen: „Wir müssen eigentlich 1 Milliarde Euro in die Forschung stecken“, wie es Herr Lauterbach getan hat. Auch im Vergleich mit anderen Krankheiten muss man hier auf viel höhere Summen kommen. Wir haben acht Deutsche Zentren der Gesundheitsforschung, unter anderem zur Erforschung von Diabetes- und von Lungenerkrankungen. Jedes davon wird über die Wahlperiode mit einer dreistelligen Millionensumme gefördert. Statt um einzelne Millionen zu feilschen, müssen wir über ein eigenes Forschungszentrum für postinfektiöse Krankheiten reden.

(Beifall bei der Linken)

2 Millionen Euro sind hier jedenfalls nur ein Tropfen auf den heißen Stein, und es ist lächerlich, sich damit zu schmücken. Selbst für zukünftige Haushalte stellt die Bundesregierung derzeit nur 5 Millionen Euro für zusätzliche Projekte in Aussicht. Aber wir brauchen jetzt eine Perspektive, um die Forschung dauerhaft und angemessen zu finanzieren.

(Beifall bei der Linken)

Wenn uns die Haushaltsberatungen und die Aufstellung des Sondervermögens eins gezeigt haben, dann, dass die Koalition dort, wo politischer Wille ist, immer noch Geld für ihre Lieblingsprojekte findet. Setzen Sie Ihr politisches Kapital doch mal für was Sinnvolles ein. Und wenn es Ihnen hilft, schreiben Sie es in Ihre Hightech Agenda. Wir wollen, dass Deutschland das erste Land ist, in dem ein Mensch von ME/CFS geheilt wird.

Danke.

(Beifall bei der Linken)