Zum Hauptinhalt springen

Neue Bundestagsgeschäftsordnung ist eine verpasste Chance

Rede von Ina Latendorf,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es bedarf einer Anpassung der Geschäftsordnung. Das Parlament als Ort der Debatte und Gesetzgebung, inklusive angemessener Vertretung der demokratischen Opposition, muss gestärkt werden. Wir Linke wollen eine Verbesserung der repräsentativen Möglichkeiten hier im Parlament. Aber ist diese Vorlage wirklich eine Verbesserung? Ich sage, nein. Und ganz ehrlich, in der letzten Wahlperiode waren wir doch schon weiter.

Wir erleben eine Heuchelei der Union, die tatsächlich zum Himmel schreit.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Och! Frau Latendorf!)

Als Oppositionspartei noch als Löwe gesprungen, die demokratische Praxis des Parlaments stärken zu wollen, und als Regierungsfraktion als Papiertiger gelandet und Oppositionsrechte lieber wieder zusammenstreichen. Und ehrlich: Das ist herrschaftliche Arroganz. Das ist CDU/CSU.

(Beifall bei der Linken)

Wo ist sie geblieben, die Möglichkeit, Kleine Anfragen auf die Tagesordnung zu setzen, wenn die Regierung nicht fristgerecht antwortet? Wo ist die Stärkung des Petitionsrechts geblieben?

Und wo wir gerade dabei sind: Auch das sozialdemokratische Gewissen scheint sich mit der Nähe zur Union zunehmend aufzulösen – sozialdemokratischer Schlendrian. Nichts mehr ist zu hören und zu lesen von den Rechten Abgeordneter nationalen Minderheiten. Wir fordern – und nicht erst jetzt – größtmögliche Transparenz in der Geschäftsordnung selbst und natürlich hier in der parlamentarischen Praxis. Die Rechte der demokratischen Opposition sind zu stärken, zum Beispiel bei der Redezeit in den Ausschüssen. Das Gegenteil schlagen Sie vor. Wir brauchen im Bundestag mehr statt weniger Transparenz. Die Kuppel dieses Hohen Hauses ist nicht ohne Grund aus Glas. Und wir als Linke sind dafür, dass Ausschüsse grundsätzlich öffentlich tagen.

(Beifall bei der Linken – Zuruf von der LINKEN: Sehr richtig! Ganz meiner Meinung!)

Es gibt noch mehr Kritikpunkte. Die zeitliche Verschiebung der Regierungsbefragung in den Nachmittag verschiebt das Plenum in die Nachtstunden.

(Stephan Brandner [AfD]: Wie war das in der Volkskammer?)

Die Begründung, dass viele Abgeordnete in mehreren Ausschüssen seien, ist einfach lächerlich. Fragen Sie doch mal bitte bei der Opposition nach, wie deren MdBs in mehreren Ausschüssen und im Plenum präsent sein können, ohne Hundertschaften von MdBs.

(Beifall bei der Linken)

Entscheidend ist, ob die neue Geschäftsordnung der Debattenkultur dient oder nicht. Es geht um die Neufassung des § 33 Absatz 3 der Geschäftsordnung. Demokratie bedeutet Widerspruch. Und Demokratie bedeutet, Widerspruch auch auszuhalten, aber nicht um seiner selbst oder der politischen Verführung willen, sondern nur dann, wenn er mit Respekt und Achtung vorgetragen wird. Dies heute zu betonen, ist angesichts der verächtlichen und würdelosen Vorträge der AfD-Fraktion leider nötig. Man wird Mittel und Wege finden müssen, jedweden menschenverachtenden und undemokratischen Inhalt und Ton in den Redebeiträgen zu sanktionieren. Wir müssen hier noch einiges nacharbeiten.

(Beifall bei der Linken – Zuruf von der AfD: Unsinn!)