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Nur Kleingeld für Verbraucherschutz

Rede von Christin Willnat,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin Hubig! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über den Haushalt des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz, und trotzdem müssen wir gleich zu Beginn festhalten: Der Verbraucherschutz taucht in diesem Einzelplan erneut nicht auf. Stattdessen finden sich die Mittel erneut im Einzelplan 16, beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Die Begründung: Der Organisationserlass vom Mai 2025, der angeblich nicht rechtzeitig eingearbeitet werden konnte. Das ist keine Begründung, das ist eine Ausrede.

(Beifall bei der Linken)

Vier Monate hatten Sie Zeit – vier Monate sollten auch mehr als ausreichend sein –, um den Etat von rund 40 Millionen Euro korrekt und transparent in den Einzelplan 07 einzustellen. Das ist nicht nur ein haushaltstechnisches Problem, das ist eine Frage der politischen Ernsthaftigkeit. Wer den Verbraucherschutz ernst nimmt, muss ihn auch dort finanzieren, wo er hingehört.

Gerade einmal 40 Millionen Euro sind für den Verbraucherschutz vorgesehen. Bei mehr als 80 Millionen Menschen bedeutet dies circa 50 Cent pro Kopf – 50 Cent! –, während Konzerne Milliarden mit überteuerten Energieverträgen verdienen, während im digitalen Alltag jeder Zweite schon einmal Opfer von Abzocke, Betrug oder unfairen Verträgen geworden ist. Das ist kein Schutzkonzept, das ist ein symbolischer Kleingeldwurf.

(Beifall bei der Linken)

Zeitgleich wächst der Verteidigungsetat auf über 108 Milliarden Euro für Aufrüstung und Waffen. Es ist der größte Kriegsetat in der Geschichte der Bundesrepublik, und er wächst weiter. Für Panzer und Raketen ist Geld da, aber für Menschen, die in der Not helfen, bleibt es bei Projektmitteln. Das zeigt, worauf dieser Haushalt wirklich setzt: auf Rüstungsdeals statt auf soziale Sicherheit. Wir sagen ganz klar: Frieden entsteht nicht durch Waffen, sondern durch soziale Sicherheit, durch funktionierende Rechtsstrukturen und durch echte Unterstützung im Alltag.

(Beifall bei der Linken – Dr. Konrad Körner [CDU/CSU]: Wollen Sie Putin mit dem Bürgergeld abschrecken, oder was?)

Die Bundesregierung sollte sich fragen, wie viel Rechtsfrieden und wie viel Entlastung man mit einem Bruchteil des Verteidigungsetats schaffen könnte, wenn man denn wollte.

Gestern sprach der Bundeskanzler von dem Investitionsstau, den man nun abbauen wolle. Ja, es gibt diesen Stau, aber dieser ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist das Ergebnis von jahrzehntelanger Stillstandspolitik. Kaputtgesparte Schulen, unterbesetzte Gerichte, marode Infrastruktur, blockierte Investitionen – wer all das mitzuverantworten hat, kann sich heute nicht als Retter inszenieren.

(Beifall bei der Linken)

Wir als Linke sagen: Ein echter Konsens der Gerechtigkeit bedeutet Investitionen in die Stärkung des Rechtsstaates.

Ein wichtiger Bereich im Haushalt ist die Bundesanwaltschaft. Sie ist unverzichtbar im Kampf gegen Terrorismus und Extremismus. Der Verfassungsschutz schätzt die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten auf 15 000; das ist eine enorme Gefahr für unsere Gesellschaft.

(Zuruf von der AfD: Hammerbande!)

Aber Justiz darf nicht auf Strafverfolgung reduziert werden. Neben der Bundesanwaltschaft gilt es, auch Verbraucherrechte, Gerichte, Beratungen und Aufklärung zu fördern. Wir brauchen beides: eine starke Bundesanwaltschaft und ebenso starke Strukturen, die die Menschen im Alltag unterstützen.

(Beifall bei der Linken)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir zu einem weiteren Thema: Überschuldung. Über 5,5 Millionen Erwachsene in Deutschland gelten laut SchuldnerAtlas 2024 als überschuldet. Schulden sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern betreffen breite Teile der Gesellschaft. Sie machen krank, sie führen zu Angst und Depressionen, sie zerstören Lebenswege. Und trotzdem fehlen bis heute bundeseinheitliche Standards. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung soll lediglich mit 490 000 Euro finanziert werden. Stocken Sie den Etat auf, und helfen Sie den Menschen! Jeder in Schuldnerberatung investierte Euro entlastet die öffentlichen Kassen um ein Vielfaches.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Haushalt zeigt vor allem eines: Es fehlt an politischem Mut, man setzt auf Symbole statt auf Substanz, auf Rüstung statt auf Rechte, auf Verschieben statt auf Gestalten.

Wir fordern: erstens, einen transparenten Haushaltsplan – und Verbraucherschutz muss in diesen Einzelplan 07 –, zweitens, Stärkung der Bundesanwaltschaft im Kampf gegen Terror und Extremismus, drittens, mehr Geld für Aufklärung, Prävention und Beratung und, viertens, eine verlässliche Finanzierungsgrundlage für die neuen Schuldnerberatungsdienste nach dem zu erwartenden Schuldnerberatungsdienstegesetz.

(Beifall bei der Linken)

Denn es geht hier nicht um abstrakte Zahlen, es geht um Millionen von Menschen.

Verbraucherschutz heißt: Niemand wird alleingelassen. Rechtsstaat heißt: Gerechtigkeit im Alltag und Sicherheit vor Terror. Und Gerechtigkeit heißt: Schluss mit Ausreden, Schluss mit Verschiebungen, Schluss mit Kleingeldwürfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)