Deutsche Rüstungsexporte gefährden den arabischen Frühling
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Vier Redner der Koalitionsfraktionen haben es jetzt tatsächlich geschafft, in 20 Minuten Redezeit nicht ein einziges Mal das Wort „Menschenrechte“ in den Mund zu nehmen. Ich kann es nicht fassen. Sie liefern 200 Panzer an Saudi-Arabien,
(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Das stimmt doch überhaupt nicht!)
an die größten Menschenrechtsverletzter. Aber Sie, Herr Pfeiffer, haben nicht ein einziges Mal das Wort „Menschenrechte“ benutzt.
(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Doch! Habe ich!)
Sie haben von Spielzeug geredet und von nichts sonst. Das finde ich unglaublich.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) - Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Ausgerechnet die Linke spricht von Menschenrechten!)
Ihre Regierung hat vor kurzem einen Menschenrechtsbericht vorgelegt, in dem sie Saudi-Arabien als den größten Menschenrechtsverletzter in der Region bezeichnet. Darin zählt sie alle Menschenrechtsverletzungen auf. Das wird jetzt aber völlig weggewischt, und Sie reden nur noch über Sicherheitsinteressen. Ich finde das unerträglich. Sie sind damit nicht nur moralisch am Ende, Ihr Herr Westerwelle ist völlig am Ende. Ich sage Ihnen einmal, was Herr Westerwelle vor drei Monaten von dieser Stelle aus gesagt hat. Ich mochte es gar nicht glauben, als ich es gestern wieder gelesen habe. Herr Westerwelle hat am 8. April hier etwas sehr Wichtiges und Richtiges gesagt - hören Sie genau zu! -:
In den Vereinten Nationen setzen wir uns für ein robustes Waffenhandelsabkommen ein, damit Regime, die Menschenrechte mit Füßen treten, ... nicht mehr legal mit Waffen beliefert werden können.
Richtig, Herr Westerwelle! Sind Sie aber noch ganz bei Trost, zwei Monate später 200 Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern, wo die Menschenrechte mit Füßen getreten werden? Wer soll Ihnen überhaupt noch irgendetwas glauben?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In Deutschland glaubt Herrn Westerwelle sowieso kein Mensch mehr etwas. Wie will er aber bei den Vereinten Nationen glaubwürdig auftreten? Wie will er den anderen Partnerländer sagen: „Bei den Vereinten Nationen wollen wir zwar keine Waffenexporte an Menschenrechtsverletzter, aber wir Deutschen machen das mal“? Das ist doch überhaupt nicht zu glauben. Ich finde, Herr Westerwelle ist wirklich am Ende.
Es sind nicht nur Panzer. Ich will daran erinnern, dass auch Sturmgewehrfabriken nach Saudi-Arabien geliefert werden. Saudische Grenzpolizisten werden von deutschen Polizisten ausgebildet.
(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Wo ist das Problem?)
Deutschland hat in den letzten Jahren für 675 Millionen Euro Rüstungsgüter exportiert.
Herr Trittin, ehe Sie sich hier zu sehr aufspielen, will ich Ihnen sagen: Unter Ihrer Regierung wurden 2004 zum Beispiel Maschinenpistolen und gewehre nach Saudi-Arabien geliefert. Ich habe fürchterliche Fotos zu Hause, auf denen zu sehen ist, wie die von Ihnen gelieferten Maschinenpistolen in den Händen von saudischen Militärs an der Grenze zum Jemen im Einsatz sind. Diese Waffen werden dort direkt in Kriegssituationen eingesetzt. Sie haben da einen radikalen Fehler begangen. Das sollten Sie auch einmal zugestehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir haben hier beantragt, dass keine Rüstungsgüter mehr nach Saudi-Arabien exportiert werden dürfen. Das wurde in der letzten Woche von CDU/ CSU und FDP abgelehnt. Aber auch die Grünen und die SPD haben dem Antrag im Auswärtigen Ausschuss in der letzten Woche nicht zugestimmt. Sie haben sich enthalten. In der letzten Woche waren Sie noch nicht bereit, einem Waffenexportstopp zuzustimmen. Ich hoffe, Sie werden Ihre Meinung ändern. Im Oktober werden wir diese Frage zur namentlichen Abstimmung stellen. Dann bin ich einmal gespannt, ob Sie wirklich bereit sind, die Waffenexporte nach Saudi-Arabien zu stoppen, oder nicht. Da müssen Sie dann mit Ihrem Namen dafür stehen.
(Beifall bei der LINKEN - Zurufe der Abg. Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie der Abg. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Eine Frage stelle ich mir die ganze Zeit: Warum machen Sie so etwas überhaupt? Ihnen muss doch klar sein, dass es in Deutschland einen Riesenaufruhr gibt, wenn Sie 200 Panzer nach Saudi-Arabien schicken. Jetzt gerade findet draußen vor den Toren parallel schon die erste Demonstration statt. Wenn Sie eine Umfrage machen würden, wären, so glaube ich, mehr als 90 Prozent der Menschen in Deutschland absolut gegen einen solchen Panzerexport.
(Zuruf von der FDP: Da täuschen Sie sich!)
Warum machen Sie das also? Ich glaube, eine ganz einfache Antwort ist, dass in Ihren Fraktionen zu viele Lobbyisten der Rüstungsindustrie sitzen.
(Zuruf von der FDP: Ach so!)
Nehmen wir einmal Herrn Kauder. Der weiß schon, warum er heute nicht hier sitzt. Im Wahlkreis von Herrn Kauder, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, ist beispielsweise die deutsche Waffenschmiede Heckler & Koch angesiedelt.
(Philipp Mißfelder (CDU/CSU): Um die geht es doch gar nicht!)
Heckler & Koch verdient gerade sehr viel Geld damit, eine Sturmgewehrfabrik in Saudi-Arabien zu bauen. Im Wahlkreis von Herrn Kauder sitzt auch Rheinmetall, die sehr viel Geld mit dem Leopard 2 verdienen.
(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Gott sei Dank!)
Herr Kauder hat vor einiger Zeit auf seiner Internetseite ganz offen geschrieben ich zitiere : „Bei der Abwicklung von Exportaufträgen helfe ich gerne.“ Das hat er jetzt ja wohl gemacht.
(Zuruf von der LINKEN: Unglaublich!)
Geholfen hat sicherlich auch die eine oder andere Parteispende. Ich habe nur einmal geschaut, was die beiden Firmen, die den Leopard bauen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann , den Parteien gespendet haben: im Jahre 2009 106 000 Euro an die Koalitionsfraktionen. Das Geld stinkt doch! Wie können Sie es wagen, auch nur einen einzigen Cent anzunehmen und dann einen milliardenschweren Deal durchzuziehen!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD))
Ich habe die Hoffnung, dass es bei Ihnen in der CDU, in der CSU und in der FDP auch noch Anständige gibt. Man hört ja, dass es auch bei Ihnen Proteste gegen diesen Panzerexport gibt. Was Sie in Ihren Fraktionen jetzt aber brauchen, ist ein Aufstand der Anständigen. Lassen Sie das nicht so einfach durchgehen!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie müssen sich jetzt durchsetzen. Ich verstehe ja, wenn Sie einem Antrag der Linken nicht zustimmen. Sie haben es aber in der Hand, hier im Bundestag einen Antrag einzubringen, mit dem beschlossen wird, dass keine Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien exportiert werden. Dann ist es nicht mehr eine Entscheidung der Bundeskanzlerin und des Herrn Westerwelle, sondern von Ihnen. Ich erwarte jetzt von Ihnen, dass Sie diese Exporte stoppen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland überhaupt keine Waffen mehr exportieren sollte und nach Saudi-Arabien schon gar nicht : keine Panzer, keine Waffenfabriken, keine Sturmgewehre gar nichts!
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)