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Politik der Bundesregierung gefährdet die Gesundheit

Rede von Stella Merendino,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Unfall, Schlaganfall, Herzinfarkt – so was erwartet man nicht. Der häufigste Satz, den ich in der Notaufnahme höre, ist: Ich habe nicht erwartet, dass ich heute hier landen werde. – Für diese Menschen sollte unser Gesundheitssystem da sein.

Doch was macht diese Regierung? Im Gesundheitsausschuss werden durch CDU/CSU und SPD Einsparungen in Höhe von 3 Milliarden bis 5 Milliarden Euro in der Notfallversorgung prognostiziert. 3 Milliarden bis 5 Milliarden Euro! Wie soll das gehen, wenn die Notfallversorgung schon jetzt zusammenbricht? Patientinnen warten stundenlang – hungrig, durstig, mit Schmerzen –, Untersuchungen finden mitten auf dem Flur statt, intime Gespräche ohne Privatsphäre und ohne Würde. Gesundheitspersonal ist längst überlastet oder schon aus dem Beruf raus. Und das alles, weil das System seit Jahren kaputtgespart wird und langsam verrottet.

Ministerin Warken sagt öffentlich, dass mit der Krankenhausreform weitere Klinikschließungen kommen. Milliarden Euro aus dem sogenannten Transformationsfonds fließen also nicht in den Erhalt von bedarfsnotwendigen Strukturen, sondern in Schließungen. Transformation bedeutet hier also nichts anderes als Versorgungsabbau, vor allem in ländlichen Regionen. Und das Perfide daran: Die Bundesregierung gibt selbst zu, dass sie keinerlei Ahnung hat, wie sich Klinikschließungen auf den Rettungsdienst auswirken – keine Zahlen, keine Analysen und auch keine Strategie. Aber Kliniken dichtmachen, das können Sie.

Ich sage Ihnen, was das bedeutet: Wenn das Krankenhaus vor Ort schließt, verschwindet auch die Notfallversorgung. Dann bekommt die Schlaganfallpatientin in der Kleinstadt keine schnelle Hilfe mehr, weil der nächste Rettungswagen gerade schon unterwegs ist und die nächste Klinik 45 Minuten entfernt liegt. Das ist die Realität. Es kommt also tatsächlich auf Leben oder Tod an. Und dann setzt sich die Ministerin hin und behauptet ernsthaft, längere Anfahrtswege seien vertretbar. Nein, das ist nicht vertretbar, das ist lebensgefährlich!

(Beifall bei der Linken)

Während Patientinnen leiden, fließen Milliarden Euro Soforthilfen nach dem Gießkannenprinzip auch an private Konzerne, die längst riesige Gewinne machen, zum Beispiel an Helios. Das Unternehmen fährt jedes Jahr Hunderte Millionen Euro an Gewinnen ein und soll jetzt auch noch Zuschüsse einstreichen können. Das sind öffentliche Gelder, die in private Taschen wandern. Liebe Bundesregierung, Sie haben erkannt, dass das System Geld benötigt; das ist schön. Aber das, was hier passiert, ist Sabotage.

(Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Das System muss sich grundlegend ändern. Die Fallpauschalen müssen weg. Denn was bedeuten sie heute? In der Notaufnahme gibt es für jede Patientin im Schnitt gerade mal 34 Euro – egal ob es sich um die Verabreichung einer Kopfschmerztablette handelt oder um eine komplette Behandlung mit CT, Labor, Ultraschall und stundenlanger Betreuung. 34 Euro für alles!

Später gerne. – Dass das nicht reicht, weiß jeder hier im Saal.

Genauso absurd ist auch die Zweiklassenmedizin. Gesetzlich Versicherte warten oft monatelang, während die Privatversicherten sofort einen Termin bekommen. Wer mehr Geld hat, bekommt schneller Hilfe, und wer weniger hat, wartet oder stirbt vorher. Das ist kein Gesundheitssystem, das ist Klassenmedizin.

(Beifall bei der Linken)

Um das mal ganz klar zu formulieren: Wir brauchen eine solidarische Versicherung, in die alle einzahlen, auch die Abgeordneten hier im Saal. Ich habe keinen Bock, länger zuzuschauen, wie dieses System an die Wand gefahren wird, weil hier mehr Lobbyistinnen in Abgeordnetensesseln sitzen als tatsächliche Expertinnen. Das Geld für eine funktionierende Gesundheitsversorgung ist da, wenn die Reichsten endlich so viel Steuern zahlen würden wie die Pflegerin, die nachts Schichten schiebt.

Gesundheit ist keine Ware, Gesundheit ist ein Menschenrecht. Schade nur, dass die Info noch nicht zum Gesundheitsministerium durchgedrungen ist.

(Beifall bei der Linken)

Liebe Abgeordneten, wir als Linksfraktion suchen immer noch Verbündete –

– ja – für einen Untersuchungsausschuss.

(Dr. Michael Espendiller [AfD]: Stellen Sie einen Antrag! Wir stimmen zu! Sie müssen nur mit uns reden! Einfach einen Antrag stellen, Frau Kollegin!)

Liebe SPD, bitte sorgen Sie dafür, dass dieser Skandal ein Ende hat.

(Beifall bei der Linken)