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Rede von Aaron Valent am 12.09.2025

Rede von Aaron Valent,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Digitalisierung in der Justiz ist Fortschritt. Richtig umgesetzt, kann sie den Zugang zum Recht erleichtern. Sie kann Verfahren beschleunigen. Aber das darf nicht auf Kosten zentraler rechtsstaatlicher Prinzipien passieren.

(Beifall bei der Linken)

Der Kern des Zivilverfahrens ist die mündliche Verhandlung. Die Regierung will diese bei Onlineverfahren nur noch zur Ausnahme machen. Sie wird nicht länger garantiert, sondern Beteiligte müssen mündliche Verhandlungen nun extra beantragen.

Ein weiteres zentrales rechtliches Prinzip, das mit diesem Entwurf unter Beschuss gerät, ist die Unmittelbarkeit im Verfahren. Im Gerichtssaal können Sie dem Verfahren direkt folgen, Argumente vorbringen, Fragen stellen. Nun stellen Sie sich vor: Das alles ist nicht mehr gegeben. Sie können nur noch im Nachhinein schriftlich Stellung beziehen. Sie können bei der Beweisaufnahme selber nichts mehr beitragen. Missverständnisse und Fehlentscheidungen sind hier vorprogrammiert, und Sie können sich nicht mehr unmittelbar verteidigen.

(Abg. Dr. Martin Plum [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Durch diesen Vorschlag werden absolute Grundsätze infrage gestellt.

Nein, danke.

(Dr. Martin Plum [CDU/CSU]: Schwach! – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Schwach!)

Wer so etwas fordert, schwächt nicht nur die Rechte der Betroffenen; er schwächt das Vertrauen in die Justiz selbst.

Dann dieser Testzeitraum: zehn Jahre. Zehn Jahre ein halbfertiges Verfahren ausprobieren, das ist absurd. Schauen Sie sich die Entwicklung gerade im digitalen Bereich doch mal an! Vor zehn Jahren hat Angela Merkel das Internet noch als „Neuland“ für uns alle bezeichnet. Heute kann ich mit KI in Sekundenschnelle ganze Bücher schreiben. Stellen Sie sich vor, wie sich auch die Technik im Justizbereich in zehn Jahren verändert haben wird!

Mit diesem Entwurf zwingt die Regierung von heute den Gerichten der Zukunft eine komplett überholte und altmodische Technologie auf. Und dann treten wir weiterhin bei der Digitalisierung auf der Stelle. Das kann sich Deutschland so nicht leisten.

(Beifall bei der Linken)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Redezeit reicht gar nicht aus, um alle Mängel dieses Gesetzentwurfs aufzuzeigen. Was ist zum Beispiel mit dem Thema Datenschutz? Was ist zum Beispiel mit der Evaluation? Was ist mit den Arbeitsbedingungen für Dolmetscher/-innen bei Gericht? Alles das wird im Entwurf nicht geregelt. Wir als Linke wollen Digitalisierung in der Justiz. Aber wir wollen sie richtig: Wir wollen sie sozial, wir wollen sie transparent, und wir wollen sie so, dass sie das Vertrauen in den Rechtsstaat stärkt und Barrieren abbaut.

Der vorliegende Entwurf erfüllt alle diese Kriterien nicht. Er schwächt die mündliche Verhandlung, er setzt auf veraltete Technik, und er hat immense Regelungslücken.

(Dr. Martin Plum [CDU/CSU]: Er regelt doch gar nicht die Technik!)

Darum sage ich klar: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf nicht ab, weil wir die Digitalisierung blockieren wollen, sondern weil wir sie besser machen wollen, weil wir sie rechtsstaatlich machen wollen, sozial und zukunftssicher.

Danke.

(Beifall bei der Linken)