Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in den Betrieben! Gestern war der Autogipfel. Die Beschäftigten in den Werken, die Kolleginnen und Kollegen bei den Zulieferern, sie haben gehofft, es gibt endlich Klarheit, endlich Sicherheit. Und dann: keine abschließenden Ergebnisse. Man könnte sagen: Der Gipfel ist unter ihren Erwartungen geblieben. Keine Garantie, dass die Jobs bleiben. Keine Garantie, dass die Werke offen bleiben. Liebe Bundesregierung, das war kein Autogipfel, das war ein Konzerngipfel.
(Beifall bei der Linken)
Ja, wir würden es begrüßen, wenn Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen einen besseren Zugang zur E-Mobilität bekommen. Sie sollte nicht exklusiv den Reichen zur Verfügung stehen. Schön, wenn Sie ankündigen, sich vom französischen Modell für Sozialleasing inspirieren zu lassen, auch wenn das bei Ihnen in eine etwas andere Richtung zu gehen scheint. Aber 3 Milliarden Euro? Bis 2029? Ist das für alles zusammen? Ist das für die Straßen, ist das für die Haushalte? Diese halbherzigen Ansätze verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Damit retten Sie keine Region, keinen einzigen Zulieferer, keinen einzigen Standort.
(Beifall bei der Linken)
Wir fordern – und das übrigens in Übereinstimmung mit den Gewerkschaften – einen Transformationsfonds für die Beschäftigten der Automobilindustrie in Höhe von 20 Milliarden Euro jedes Jahr. Und zwar nicht als Geschenk an die Konzerne, sondern geknüpft an harte Bedingungen: Jeder Euro nur für gesicherte Standorte, jeder Euro nur für sichere Arbeitsplätze, jeder Euro nur mit Tarifbindung, jeder Euro in Betriebe, die sich für die Zukunft aufstellen und die Transformation mitgehen.
(Enrico Komning [AfD]: Ja, das ist Sozialismus pur! Das hatten wir alles schon mal!)
Und solange Vorstände Millionen kassieren, während Arbeiter/-innen entlassen werden, gibt es keinen Cent.
(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD] – Enrico Komning [AfD]: Warum schreien Sie mich so an? Ich habe gar nichts gemacht! Ich habe doch gar nichts gemacht!)
Diese Krise ist hausgemacht. Batterien – verschlafen; Digitalisierung – verschlafen; Ladeinfrastruktur – verschlafen. Die oberen Chefetagen haben an vielen Stellen Zukunftstechnologien verschlafen. Aber es fehlt auch eine klare Linie aus der Politik, in welche Richtung es eigentlich gehen soll. Sie wollen Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen ermutigen, sich ein Elektroauto zu holen, wettern aber gleichzeitig gegen das Verbrenner-Aus, vernachlässigen den Aufbau der Ladeinfrastruktur und betonen in jedem Satz die Technologieoffenheit, die vielen tollen Alternativen zur E-Mobilität. Ja, wer soll da denn noch mitgehen? Und jetzt sollen die Beschäftigten die Rechnung zahlen. Wir sagen Nein!
Und das nächste Nein, Kolleginnen und Kollegen, sage ich zur Militarisierung unserer Industrie. Für Panzer, Munition und Aufrüstung mobilisiert die Bundesregierung Hunderte Milliarden Euro, für die Rettung von Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie, für eine Umstellung auf Schiene und E-Mobilität gibt es aber kein Geld. Das ist eine Politik gegen die Menschen in diesem Land. Wir brauchen keine Panzerwerke, wir brauchen eine soziale Transformation der Verbrennerwerke. Wir brauchen keine Milliarden für Rüstung, sondern für Zukunftstechnologien, die in sicheren, tarifgebundenen Arbeitsplätzen produziert werden. Wir brauchen Investitionen in Recycling, in Ladeinfrastruktur und in den öffentlichen Nahverkehr. Das ist übrigens die tatsächliche Alternative zum E-Auto, wenn Sie unbedingt eine haben wollen.
(Beifall bei der Linken)
Und noch etwas mit Blick auf die Ergebnisse des Koalitionsausschusses gestern: Hilfen für die Autoindustrie zu versprechen und dafür bei Bürgergeldempfängerinnen und -empfängern zu kürzen und Rentner/-innen in Arbeit zu drängen,
(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Nicht drängen! Keiner drängt!)
das ist nicht so, wie soziale Transformation funktioniert. Investieren Sie endlich in die Zukunft der Menschen in diesem Land, statt dogmatisch an Ihrer Schuldenbremse festzuhalten!
(Beifall bei der Linken)
Und wenn Sie nicht wissen, wie, dann fragen Sie doch einfach mal die Beschäftigten.
(Tilman Kuban [CDU/CSU]: Ja, fragen wir die doch mal, ob sie Ihnen mehr Arbeitslosigkeit finanzieren wollen!)
Die wollen nämlich mitreden. Lassen Sie die Betriebsräte und Gewerkschaften endlich mit an den Tisch, und zwar nicht nur einmal im Jahr symbolisch beim Autogipfel,
(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Die sind alle dafür!)
sondern mit gesetzlich geregelten Mitbestimmungsrechten bei neuen Produkten, Verlagerungen, Standortschließungen. Denn es geht um ihre Zukunft, nicht um die Boni der Vorstände.
Herr Merz redet von einer guten Zukunft für die Autoindustrie. Aber ich frage Sie: Für wen genau? Für die Aktionäre? Für die Chefetagen? Oder endlich für die Menschen am Band und im Werk? Die Beschäftigten haben ein Recht auf Sicherheit, ein Recht auf gute Arbeit, ein Recht auf eine Transformation, die sie nicht überrollt, sondern ihnen eine Perspektive gibt. Deswegen sagen wir ganz klar: Kein Werk darf schließen! Kein Arbeitsplatz darf verloren gehen!
(Beifall bei der Linken)
Die Mobilitätswende wird nur gelingen, wenn sie sozial ist. Die Zukunft der Industrie gehört nicht den Lobbyisten im Kanzleramt, sie gehört den Menschen, die sie aufgebaut haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])